Dürers Motiv prägte eine Epoche

Wundertier Nashorn

von Claudia Valter - 13.6.2022

Nürnberg - Im Jahr 1515 zeichnete Albrecht Dürer ein Nashorn, obschon er selbst nie ein lebendes Exemplar gesehen hatte. Als Holzschnitt verbreitete sich das Motiv in ganz Europa und diente für die nächsten 200 Jahre als nahezu ausschließliche Vorlage für die Darstellung des exotischen Tiers. Die Studioausstellung Wundertier Nashorn zeigt ab Donnerstag, 21. Juli erstmals eine Auswahl an druckgraphischen Blättern mit Nashorn-Darstellungen aus drei Jahrhunderten.

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Das Wundertier Nashorn stellt das Germanische Nationalmuseum in den Mittelpunkt einer Studioausstellung und kunstgeschichtlichen Zeitreise. Albrecht Dürer hatte niemals ein Nashorn gesehen, als er 1515 seinen berühmten Holzschnitt Rhinocerus fertigte. Kün

Noch heute gehört der Holzschnitt des Rhinocerus zu den bekanntesten Arbeiten des Nürnberger Meisters. Im 16. und 17. Jahrhundert hatte kaum jemand in Europa je ein Nashorn zu Gesicht bekommen. Dürers Darstellung prägte daher Europas Vorstellung vom Aussehen des Dickhäuters entscheidend. Das Motiv wurde vielfach kopiert und beispielsweise in Paradiesdarstellungen inte­griert, wo man es schnell als „Dürer-Nashorn“ erkennt.

Erst Mitte des 18. Jahrhunderts änderte sich das. Eine wichtige Rolle spielte dabei das Panzernashorn Clara: In vielen Städten Europas als lebende Sensation präsentiert und auf Flugblättern abgebildet, löste Clara Mitte des 18. Jahrhunderts eine wahre „Rhinomanie“ aus. Endlich konnte das Wundertier mit eigenen Augen bestaunt werden. 1748 war das kolossale Tier übrigens auch in Nürnberg auf der Insel Schütt zu sehen.

Anlass für die Ausstellung ist eine Sammlung zur Bildgeschichte des Nashorns, die das Germanische Nationalmuseum 2018 von Jim Monson und seiner Frau Isolde Monson-Baumgart als Geschenk erhielt. Für die Wahl des Standorts Nürnberg war ausschlaggebend, dass hier Dürers Rhinocerus entstanden war. Die druckgraphischen Blätter werden ergänzt durch illustrierte Bücher der Bibliothek und Medaillen des Münzkabinetts. Die Objekte veranschaulichen eindrucksvoll den Wandel von der fantastischen Kreatur aus der Renaissance zum realistisch dargestellten Säugetier.

Nashorn-Darstellung aus den Philosophical Transactions, 1743 © GNM

Der Name Rhinoceros stammt aus dem antiken Griechenland und setzt sich aus den Wörtern rhīs („Nase“; Genitiv rhinos) und kéras („Horn“) zusammen. Gegenwärtig gibt es noch fünf lebende Nashornarten. Die illegale Nachfrage nach dem Horn, die ihre Ursprünge unter anderem in antiken Mythen und dem Aberglauben an seine Heilkraft hat, kostet jedes Jahr mehrere hundert Nashörner das Leben. Die Ausstellung möchte daher nicht zuletzt auf die besondere Bedrohung dieser faszinierenden Tierart aufmerksam machen.

Germanisches Nationalmuseum
Kartäusergasse 1
90402 Nürnberg
Öffnungszeiten: Di – So 10 – 18 Uhr, Mi 10 – 20.30 Uhr
Telefon: 0911 13 31-0
www.gnm.de

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