Bekanntes neu entdecken

von Matthias Dachwald - 22.10.2024

Nürnberg - Quirlige Großstädte und meditative Ruhepole: In der Präsentation Floating Spaces von Gudrun Kemsa findet sich beides. Die Foto- und Videokünstlerin stellt bis zum 2. Februar 2025 im Kunsthaus aus – und machte den Betrachtern die Augen öffnen.

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Der Canal Grande, 2024 (Filmstill aus Videoinstallation)  © Gudrun Kemsa

Gudrun Kemsa, die in Düsseldorf und Krefeld lebt, gelingt es mit Mitteln der Fotografie und der Videokunst, die Grenzen unserer Wahrnehmung zu erweitern. Sie eröffnet mit ihren Werkserien ungewohnte Zugänge zu scheinbar alltäglichen Szenarien, die die Betrachtenden motivieren, die eigenen Sehgewohnheiten und Sinneseindrücke zu überprüfen. Das sicher geglaubte Terrain des fotografischen Bildes entschwindet einem, und ihre filmische Umsetzung im Video verwandelt das bewegte Bild in eine Art raumfüllende Fotografie. Oft wirken Ihre Arbeiten unwirklich theatralisch, seltsam befremdlich, überzeichnet irreal oder aber verschwommen, weichgezeichnet und nebulös – und manches Mal gar malerisch abstrakt.

Die großformatigen Bilder der Serie Urban Stage im Gang des Kunsthauses sind in den vergangenen Jahren vor allem in New York entstanden. Sie präsentieren Momentaufnahmen eines „Großstadttheaters“: Szenen des Alltags, Geschäftsleute auf dem Weg zur Arbeit, Passanten vor renommierten Kaufhäusern. Die städtische Umgebung wird dabei zur Bühne. Bei der Begegnung der Menschen auf dieser Bühne entsteht ein wechselhaftes Spiel des anonymen Nebeneinanders, in dem die Akteure kaum mehr voneinander Notiz nehmen.

Eine ganz andere Wirkung erzeugt die – meist in der Natur entstandene – Serie Moving Images. Sie wurde von Gudrun Kemsa mit langer Belichtungszeit und in körperlicher Bewegung fotografiert: Die Künstlerin dreht sich während der Aufnahme langsam um die eigene Achse, weshalb die Bilder durch Raum und Zeit zu schweben scheinen. Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser fließenden Bewegungen wirken die Bilder wie ein meditativer Ruhepol. Noch sind in den Fotografien gegenständliche Elemente erkennbar, doch ihre Konturen verschwimmen, ihre Strenge verflüchtigt sich, der Raum löst sich auf, wird zu einer Spur in der Erinnerung und malerischen Geste. Die großformatigen Videoinstallationen Kemsas öffnen kontemplative Welten, die Raum und Zeit auflösen. Soundkomposition und bewegtes Bild harmonieren, wirken unmittelbar entschleunigend und es öffnen sich außergewöhnliche neue Wahrnehmungshorizonte.

Kunsthaus
Königstraße 93
90402 Nürnberg
Öffnungszeiten: Di – So 11 – 18 Uhr, Mi 11 – 20 Uhr
Telefon: 0911 2 31-1 46 78
kunsthaus-nuernberg.de

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