Es kommen „Glänzende Zeiten“

„Früher war mehr Lametta!“ – Mit diesen Worten bringt Loriot alias Opa Hoppenstedt in seinem legendären Weihnachtssketch den Zeitgeist auf den Punkt. Als die Szene 1978 erstmals ausgestrahlt wird, hängt in vielen Wohnzimmern kein Lametta mehr am Tannenbaum. Auch die Hoppenstedts schmücken ihren Baum nun „grün und umweltfreundlich“ mit frischen Äpfeln. Genau ein Jahrhundert zuvor, 1878, bewirbt ein Nürnberger Geschäft „einen von den Zweigen träufelnden Gold- und Silberregen“ als neuartigen Christbaumbehang. Zu dieser Zeit kommt erstmals industriell gefertigter Schmuck auf, vorher wurde selbst gebastelt.
Das Rohmaterial der neuen Glitzerware ist flach gewalzter versilberter Kupferdraht, benannt nach der Stadt Lyon, der einstigen Hochburg für feinste Drähte. Über Hugenotten gelangt das Wissen 1569 nach Franken, wo es mit dem hiesigen Drahtziehergewerbe auf fruchtbaren Boden fällt. Daraus entwickelt sich die Leonische Industrie mit den Zentren Roth und Allersberg. Ursprünglich werden dort Posamenten hergestellt, also Borten, Spitzen und Stickereien. Einer der „Drahtbarone“ kommt Ende des 19. Jahrhunderts auf die Idee, aus leonischem Draht Lametta zu machen. Ein Epochenwandel – für den Weihnachtsschmuck und für die mittelfränkischen Firmen, fortan die „Christbaumschmucker“ genannt. Die Branche boomt.
Gefertigt und abgepackt wird die glitzernde Ware zum Großteil in Heimarbeit. Für viele Familien mehr als ein glänzendes Zubrot. Ab den späten 1950er Jahren kündigt sich mit Kunststoff das Ende des leonischen Weihnachtsschmucks an. Es folgen die Ölkrise und Billigimporte aus Fernost. Bald mag es die Kundschaft lieber „natürlich“, so wie die Hoppenstedts – die selbstverständlich in der Ausstellung zu sehen sind.
Fränkisches Freilandmuseum
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