Der Vampir von Notre Dame
Italo-Cinema-Festival
Seit Monaten werden in Paris immer wieder Leichen von Mädchen gefunden – jung, schön, und keinen Tropfen Blut mehr im Leib. Der Journalist Pierre Lantin ist auf der Spur des Vampirs, wie die Presse das Monster nennt, aber alle Versuche den Mörder zu finden, scheitern an mangelnden Beweisen sowie einer Polizei, die partout nicht einsieht, dass die Ideen eines Reporters in solch einem Film zwangsläufig zielführend sind.
Die Geschichte geht so: Riccardo Freda und Mario Bava möchten den ersten italienischen Horrorfilm seit 1920 drehen. Das Drehbuch wird innert einer Nacht auf Tonband gesprochen, und damit geht es zum Produzenten Goffredo Lombardo. Dem wird versprochen, dass keine inbrünstigen Küsse zu sehen sind, der Tod nur Offscreen stattfindet, die Geschichte nicht in Italien spielt, kein Blut getrunken und alles in 12 Tagen abgedreht wird. Freda und Bava fädelten das als Wette ein, und Lombardo ging auf diese Wette ein.
Nach 10 Tagen Drehzeit war Freda allerdings nur zur Hälfte durch das Skript durch und erbat eine Verlängerung. Unter den ausgemachten Bedingungen der Wette verweigerte Lombardo diesen Wunsch, und Freda verließ das Projekt mit einem Wutausbruch. Daraufhin schaute sich der Kamera- und Effektespezialist Bava den verbliebenen Teil des Drehbuchs an – und drehte, mit leicht veränderter Story, den Rest als sein Regiedebüt in 2 Tagen!
Was dann halt zu einigen Inkonsistenzen führte. Paul Mullers Charakter etwa hätte im Originalskript unter der Guillotine geköpft und später wiederbelebt werden sollen, was bei Bava dann zwar wegfiel, bei Mullers Verhör bei der Polizei ist aber ganz deutlich die große Narbe der Hinrichtung zu sehen. Aber an solchen Kleinigkeiten muss man sich ja nicht aufhängen. Immerhin reden wir hier vom ersten italienischen Horrorfilm der Nachkriegszeit, der zwar kein kommerzieller Erfolg war, Bava dafür aber den Weg ebnete zu weiteren Regiearbeiten. Und außerdem den Grundstein legte für die ab 1960 beginnende Welle der Gothic-Grusler.
Film ist bekanntlich die Kunst der Illusion, und Der Vampir von Notre Dame ist eine ganz wunderbare: Die Herzogin du Grand lebt die Illusion dass sie jung und schön ist, Freda und Bava schenken uns die Illusion eines Vampirs in Paris, und der Film gibt uns die Illusion eines großen Horrorfilms. Ein Vexierbild, das aus jeder Richtung anders ausschaut: Ein gotischer Grusler, ein Krimi mit übernatürlichen Elementen, ein schwarzromantisches Märchen mit modernem Aufhänger. Film kann so schön sein. Dieser ist es!
Originaltitel: I vampiri
Land: Italien
Jahr: 1957
Länge: ca. 78 Min.
Regie: Riccardo Freda, Mario Bava
mit: Gianna Maria Canale, Carlo D'Angelo, Dario Michaelis, Wandisa Guida, Paul Muller
Sprache: deutsche Fassung
Kopienformat: 35 mm
FSK: ab 16
Eintritt: 6 €
Mehr in dieser Reihe:Kommkino e. V. präsentiert
90402 Nürnberg
Aufzug. Für jede Vorstellung sind zwei rollstuhlgerechte Plätze eingerichtet. Reservierungen dafür bitte per E-Mail an: filmhaus@stadt.nuernberg.de




