2.9. bis 29.9.2021

Bei den Oscars in diesem Jahr waren erstmals zwei Regisseurinnen in der Kategorie „Bester Film“ nominiert und mit NOMADLAND von Chloé Zhao gewann dann tatsächlich eine Regisseurin diese hohe Auszeichnung – als zweite Frau überhaupt! Längst überfällig, befindet sich das Kino gerade im Wandel. Vor drei Jahren war es Ausgangspunkt für die #metoo-Bewegung, die mit den Enthüllungen um Harvey Weinstein und der Aufdeckung männlicher Machtstrukturen ihren Anfang nahm. Von hier aus drang eine wichtige Diskussion über Chancengleichheit, Sexismus und Diversität in alle Lebensbereiche vor. Aber auch über das Kino als Bildmedium und Teil der Unterhaltungsindustrie wird vermehrt diskutiert, prägt es doch maßgeblich die kulturelle Darstellung von Gender, Hautfarbe, Klasse und Herkunft.

Im Zuge dieser Debatten werden die Werke von Filmemacherinnen neu entdeckt, die lange zu Unrecht im Schatten ihrer männlichen Kollegen standen. Auch unsere Schwerpunktreihe zu US-Regisseurinnen aus drei Jahrzehnten widmet sich solchen Wiederentdeckungen. Der Titel „Independent Women“ lässt bereits anklingen, dass es bei vielen Filmemacherinnen eine Frage der Unabhängigkeit war, ihre Filme umsetzen zu können, doch nicht alle davon sind im klassischen Sinne „Independentfilme“. Elaine May etwa war Hollywood-Schauspielerin als sie begann, selbst Regie zu führen. In der Folge drehte sie mit Stars wie Walter Matthau oder Dustin Hoffman. Ihre Gangsterballade MIKEY AND NICKY (1976, mit der Starbesetzung John Cassavetes und Peter Falk) aber wurde zur Zerreißprobe mit ihrer Produktionsfirma und verschwand trotz hervorragender Kritiken schnell im Archiv. Ähnlich unter männlichen Machtstrukturen zu leiden hatte die Schauspielerin und Regisseurin Barbara Loden, deren zweiter Ehemann Elia Kazan ihre Drehbuch-Ideen ungefragt für seine eigenen Filme nutzte. Lodens Spielfilm WANDA (1970) kann daher auch als Allegorie auf das männerdominierte Filmbusiness gelesen werden.

Im Laufe der 1970er Jahre veränderten sich die Strukturen im Filmgeschäft der USA, es entstanden unabhängige Produktions- und Vertriebsmöglichkeiten, die in den 1980er Jahren zu einer Blüte des Independentfilms führten. Claudia Weills GIRLFRIENDS (1978) ist ein Film aus dieser Zeit, der mit seinem gewitzten Blick auf Frauenfreundschaften und weibliche Selbstverwirklichung auch heute noch sehr zeitgemäß wirkt. Kein Wunder, dass junge Filmemacherinnen wie Greta Gerwig und Lena Dunham seine Wiederentdeckung feiern. Ein New York, wie wir es aus den Indie-Klassikern von Jim Jarmusch kennen, begegnet uns in Bette Gordons VARIETY (1983), allerdings unter anderen Vorzeichen: die Hauptfigur Christine ist kein Schauobjekt, sie selbst wird zur Schauenden. Ebenfalls in New York, aber in einer fiktiven Zukunft, spielt Lizzie Bordens Agitprop-Klassiker BORN IN FLAMES (1983), der mit punkigem Tempo Diskurse um Empowerment, Sexismus, Rassismus und Gleichberechtigung zusammenführt. DESERT HEARTS (1985) von Donna Deitch entstand ebenfalls außerhalb Hollywoods und wurde mit der kompromisslosen Darstellung einer lesbischen Liebesgeschichte zum Meilenstein des Queer Cinema.

In den 1990er Jahren ging der Stern des Independentkinos langsam unter, gleichzeitig schlug durch die Erfolge von Spike Lee die Stunde des „New Black Cinema“. In dieser Atmosphäre gelang es Regisseurin Julie Dash, ihren Spielfilm DAUGHTERS OF THE DUST (1991) umzusetzen. Er wurde zur Ikone der Schwarzen Popkultur, nicht zuletzt durch Beyoncé, die sich für ihren Film LEMONADE davon inspirieren ließ. Mit THE WATERMELON WOMAN (1997) bringt Cheryl Dunye schließlich eine Schwarze lesbische Perspektive ein und verbindet mit leichter Hand queere Lebensrealitäten mit einer Reflexion darüber, wie Schwarze Frauen in der Filmgeschichte unsichtbar gemacht wurden. 

Abgerundet wird die Reihe durch einen Filmclub zu GIRLFRIENDS (13.9. um 19 Uhr), eine Einführung zu DAUGHTERS OF THE DUST durch Dr. Katharina Gerund (18.9. um 20 Uhr) sowie ein Filmquiz vom „Feministisch Biertrinken“-Team (26.9. um 17 Uhr, in Zusammenarbeit mit Musikverein Concerts).

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