Werkschau Apichatpong Weerasethakul

29.2. bis 8.3.2024

 

Der thailändische Regisseur, Autor, Produzent und bildende Künstler Apichatpong Weerasethakul ist einer der herausragenden Filmemacher der Gegenwart. Seine traumverlorenen Filme, die sich traditionellen Erzählstrukturen und Kategorisierungen entziehen, sind von einer eigentümlichen hypnotischen Kraft wie nur weniges sonst im Weltkino. Als erster thailändischer Regisseur wurde Weerasethakul 2010 mit der Goldenen Palme in Cannes ausgezeichnet.

 

Apichatpong Weerasethakul wurde 1970 in Bangkok geboren und wuchs im Nordosten Thailands auf. Nach einem Architekturstudium ging Weerasethakul in die USA, um Kunst und Film am Art Institute of Chicago zu studieren. Seit 1993 dreht er Kurzfilme, 1999 gründete er die Produktionsfirma Kick the Machine. Im Jahr darauf entstand sein Langfilmdebüt MYSTERIOUS OBJECT AT NOON, ein magisch mäandernder Hybrid zwischen Dokumentarischem und Fiktion.

 

Kino des Fühlens

Kaum ein Regisseur hat so einfühlsam – und so geheimnisvoll – den Zauber des Alltags eingefangen und die andauernde Vitalität magischer und spiritueller Präsenz im täglichen Leben in Bilder umgesetzt wie Apichatpong Weerasethakul. Seine Filme zeichnen sich durch einen spielerischen Umgang mit formalen Konventionen sowie eine große erzählerische Freiheit aus. Die Geschichten verweigern die lineare Logik, sie richten sich weniger ans rationale Denken als ans Fühlen. Kennzeichnend für sein Werk ist ein langsamer Rhythmus, diskretes Schauspiel, eine sanfte (buddhistische) Heiterkeit, mit Lust am Bizarren, Grotesken, eine große Freude an Naturschauplätzen sowie eine ununterbrochen präsente, gesättigte Soundatmosphäre. Wiederholt ist der Dschungel der eigentliche Protagonist der Filme, ein Ort, in dem sich Tier-, Geister- und Menschwelt verschränken. Diesseits und Jenseits sind nicht voneinander geschieden: das Kino als magisches Ritual und Reinkarnation. Weerasethakuls Werk ist autobiografisch grundiert, er hat seine Filme als persönliche Erinnerungsbücher bezeichnet. Die wiederholte Thematisierung von Homosexualität hat ihm – neben den politischen, oft regimekritischen Anspielungen in seinen Filmen – mehrmals Probleme mit der Zensur bereitet, weil er zeigt, was die Regierung nicht gezeigt sehen möchte: verdrängte Geschichte, Bürgerkriegstraumata, Migrant:innen aus Laos und Myanmar, Diskriminierung, expliziten Sex, Homoerotik.

 

Stammgast in Cannes

Weerasethakul gelangte schnell zu internationaler Bekanntheit und Anerkennung. Bereits sein zweiter Film BLISSFULLY YOURS gewann 2002 den Prix Un certain regard in Cannes, wo – mit Ausnahme von SYNDROMES AND A CENTURY, der 2006 beim Festival in Venedig gezeigt wurde – alle nachfolgenden Filme ihre Premiere feierten. 2004 erhielt er für TROPICAL MALADY den Großen Preis der Jury, 2010 wurde ihm die Goldene Palme für UNCLE BOONMEE ERINNERT SICH AN SEINE FRÜHEREN LEBEN verliehen. Nach CEMETERY OF SPLENDOUR (2017) drehte er erstmals außerhalb Thailands und mit internationaler Starbesetzung: MEMORIA (2021) entstand in Kolumbien mit Tilda Swinton in der Hauptrolle. Zuletzt hat sich Weerasethakul auch immer mehr als bildender Künstler einen Namen gemacht. Seine Performances, Videoinstallationen und Fotos hat er u. a. in New York, München und in der Londoner Tate Modern gezeigt.

 

Wir zeigen die sieben bisher entstandenen Langfilme Weerasethakuls, fünf davon als rare 35-mm-Kopien. Unser Dank gilt dem Österreichischen Filmmuseum, der Cinémathèque française sowie Apichatpong Weerasethakul.