Working Class Cinema

2.5. bis 21.6.2025

 

Bereits in einem der ersten Werke der Kinogeschichte, einem Kurzfilm der Gebrüder Auguste und Louis Lumière, hatten Arbeiter*innen einen Auftritt – und seitdem haben sie die Kinoleinwand nicht wieder verlassen. In unserer Filmreihe „Working Class Cinema“ durchstreifen wir die Filmgeschichte auf der Suche nach ihnen. Wir widmen uns Spielfilmen, in denen die Darstellung von Arbeit, Fabrikalltag und Arbeitskämpfen zentral ist. 

Ähnlich wie im bürgerlichen Roman ist Arbeit im Spielfilm meist unsichtbar, nur das Büro als „Bühne des modernen Lebens“ (Gerhard Midding) wird gerne als Kulisse für die Filmhandlung eingesetzt, schließlich richten sich die meisten Spielfilme an ein Mittelklasse-Publikum. In politisch aufgewühlten Zeiten erinnern sich Filmschaffende aber immer wieder an die Belange der Arbeiter*innen, sei es als solidarische Geste, als aufklärerische Agitprop oder weil die Working Class als Zielgruppe (wieder-)entdeckt wird.

 

 

Im Weimarer Kino der Wirtschaftskrise wurden die Klassenverhältnisse und der Arbeitsalltag in den Fabriken deutlich sichtbar, ebenso im italienischen Neorealismus, als Filmemacher*innen sich als Lehre aus dem Aufstieg des Faschismus den Bedürfnissen der Arbeiter*innen zuwandten. „Working Class Heroes“ wurden auch zu einem Motiv des New Hollywood-Kinos, das allerdings vor allem mit eskapistischen Geschichten Erfolge erzielte: Blockbuster wie ROCKY (1976) oder SATURDAY NIGHT FEVER (1977) erzählen in erster Linie vom Aufstieg aus einfachen Verhältnissen, differenziertere Filme wie Paul Schraders BLUE COLLAR (1978) oder Martin Ritts NORMA RAE (1978) fanden bei den Massen deutlich weniger Zuspruch. 

In den Filmen der letzten 15 Jahre erlebte die Arbeiter*innenklasse eine überraschende Renaissance. Arbeitsverhältnisse sind zunehmend von Deindustrialisierung, schwindender gewerkschaftlicher Organisation und der Abhängigkeit von den Finanzmärkten geprägt – so auch im Kino. Ein Film wie A FÁBRICA DE NADA (2017) des Portugiesen Pedro Pinho ist eine direkte Antwort auf die Auswirkungen europäischer Austeritätspolitik, in ZWEI TAGE, EINE NACHT (2014) machen die Brüder Dardenne die Solidarität unter Arbeitskolleg*innen zum zentralen Motiv und Boots Rileys Satire SORRY TO BOTHER YOU (2018) erzählt nicht nur von Klasse und Race, sondern auch davon, dass die Kämpfe um Arbeiter*innenrechte im Dienstleistungszeitalter nicht vorbei sind. 

Die insgesamt 15 Programme präsentieren Working Class Cinema in all seinen Facetten, ergänzt durch zwei Klassiker des proletarischen Films (Stummfilme mit Live-Musik) und den Kinderfilm ENTE GUT – MÄDCHEN ALLEIN ZU HAUS. Zur Filmreihe erscheint ein Reader mit begleitenden Texten, der bei der Eröffnungsveranstaltung am 2. Mai kostenlos erhältlich ist.