Jeder für sich und Gott gegen alle

Mo / 23.10.2023 / 20:15 Uhr

Anhand authentischer Dokumente aus dem 19. Jahrhundert erzählt Werner Herzog die Geschichte des Kaspar Hauser: 1828 in Nürnberg als sprach- und entwicklungsgestörtes Findelkind aufgefunden, wird der Junge zum Studienobjekt für Ärzte, Pädagogen und Theologen, erfährt die Erziehungs- und Eingliederungsversuche der Biedermeiergesellschaft, verharrt jedoch in skeptischer Distanz zu seiner neuen Umwelt, bis er 1833 einem ungeklärten Mord zum Opfer fällt.

Herzog hält sich zwar an die überlieferten Fakten des Falls, hat aber auch Sequenzen (etwa die Ausstellung im Zirkus) erfunden und anderes so akzentuiert, dass deutlich wird, was ihn an dem Stoff eigentlich interessiert: „Kaspar wurde als Jüngling brutal in die Welt gestoßen, von der er noch nichts gesehen hat. Es handelt sich um den einzigen in der Geschichte bekannten Fall, dass ein Mensch erwachsen ,geboren’ wird. Man hat ihn gezwungen, Kindheit und Jugend in nur zwei Jahren zu durchleben.“

Kaspar (dargestellt vom Laiendarsteller Bruno S., für Herzog „der Außerordentlichste, mit dem ich je zu tun hatte“) wird Regeln unterworfen, deren Sinn er nicht begreift; und nachdem er gelernt hat, seine Gedanken zu artikulieren, entlarvt er manche dieser Regeln durch seine gerade, unverbildete Logik. Herzog hat diese Einsamkeit eines Menschen unter seinesgleichen in stillen, kraftvollen Bildern gestaltet, wobei Kaspars Erlebnisse und Erfahrungen als Objekt der Gesellschaft, der Wissenschaft und der Kirche fast den Charakter eines Passionsdramas annehmen.


Land: BR Deutschland
Jahr: 1974
Regie: Werner Herzog
mit: Bruno S., Walter Ladengast, Brigitte Mira,
Herbert Achternbusch, Enno Patalas u. a.
Länge: 109 Min.
Sprache: Deutsch
FSK: ab 12

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Veranstaltungsort: Filmhaus Nürnberg - kinoeins
Königstr. 93
90402 Nürnberg

Veranstalter: Filmhaus Nürnberg im KunstKulturQuartier