Ende der 1950er Jahre entstand in Italien eine besondere Form sozialkritischer Unterhaltung; subversive Komödien, die mit der Gefälligkeit und dem Optimismus des Genres brachen und stattdessen in satirischer Schärfe die sozialen und gesellschaftlichen Verwerfungen der Zeit durch präzise Alltagsbeobachtung spiegelten. Die Commedia all’italiana entwickelte sich in den 1960er Jahren zu einem der wichtigsten und erfolgreichsten Genres der italienischen Filmindustrie, die Filme waren nicht nur beim Publikum äußerst populär, sondern wurden auch bei den großen internationalen Festivals gefeiert und weltweit mit zahlreichen Regie-, Drehbuch- und Darstellerpreisen ausgezeichnet.

Zwischen Tragik und Komik schwankend, erzählen die Filme eine Kulturgeschichte Italiens vom Kriegsende bis in die 1970er Jahre, von Armut, dem ökonomischen Ungleichgewicht der Regionen, den Problemen der Transformation der italienischen Gesellschaft vom Agrar- zum Industriestaat und den mit dem Wirtschaftswunder einhergehenden Veränderungen – Landflucht und Verstädterung, Entwurzelung, rasanter Verfall tradierter Werte und Institutionen, Konsumismus, die zunehmende Motorisierung des Landes, das unbalancierte Geschlechterverhältnis und die neuen sexuellen Freiheiten. Charakteristische Kennzeichen der Filme waren die Respektlosigkeit gegenüber Autoritäten und Institutionen; Familie, Patriarchat und Kirche werden dem Spott preisgegeben, bigotte Moralvorstellungen und rückständige Ehegesetze in beißender, satirischer Weise kritisiert. Ironie, Sarkasmus, Zorn, Verzweiflung, Melancholie und Komik verbinden sich zu einer eigentümlichen Form der Komödie, die selten glücklich endet.

Herausragende Protagonisten des Genres waren die Regisseure Dino Risi, Pietro Germi, Mario Monicelli, Antonio Pietrangeli und Luigi Zampa sowie das Autorenteam Age & Scarpelli, das für eine Vielzahl von Komödien das Drehbuch verfasste. Die Darsteller Alberto Sordi, Vittorio Gassman, Marcello Mastroianni, Ugo Tognazzi, Nino Manfredi sowie die Schauspielerinnen Stefania Sandrelli und Claudia Cardinale gaben der Commedia all’italiana ihr charakteristisches Gesicht.

Das Filmhaus präsentierte vom 8. bis 27. November 2019 zehn Höhepunkte des Genres aus den Jahren 1958 bis 1974 in der ungekürzten, untertitelten italienischen Originalfassung.