Der mexikanische Filmemacher Carlos Reygadas (*1971) ist seit seinem gefeierten Regiedebüt JAPÓN (2002) ein prominenter Vertreter des wagemutigen internationalen Autorenkinos und bekannt für seine eigensinnige Filmsprache. Seine Werke zeichnen sich durch ihre sog- und rätselhaften Bilderwelten aus, denen eine intellektuelle Beschäftigung mit dem Medium Film und seinen technischen Möglichkeiten wie z. B. dem Bildformat oder der Kameraoptik zugrunde liegt. Er wählt oft schonungslos intime Stoffe, die um essentielle Fragen des Daseins kreisen und zeigt Menschen, die Grenzen überschreiten auf der Suche nach einem Lebenssinn jenseits der modernen Gesellschaft. Reygadas’ spirituelle Erzählhaltung ist inspiriert von seiner Beschäftigung mit dem Werk Andrej Tarkowskijs: Plansequenzen in menschenleerer, oftmals postapokalyptisch wirkender Natur, eine bewegliche Kamera, die die Gedanken ihrer Protagonisten weiterzudenken scheint, und nicht zuletzt der spezifische Einsatz von Musik zeichnen sein Werk aus.“ (Gary Vanisian)

In Carlos Reygadas’ Räumen und Landschaften könnte man stundenlang schwelgen, ohne dass viel passiert, am liebsten möchte man sie aus der Leinwand schneiden und mit nach Hause nehmen: die staubige Schlucht im Bundesstaat Hidalgo, in die sich der Namenlose aus JAPÓN begibt, um seinem Leben ein Ende zu setzen; die Eingangssequenz von POST TENEBRAS LUX mit der regengetränkten Wiese, auf der ein kleines Mädchen durch rosa Nebelschwaden tapst, während Pferde vorbeigaloppieren und Hunde kläffen oder auch die fantastische Fahrt auf die Tür zu der Ranch in der Esther und Juan leben in NUESTRO TIEMPO (2018), seinem aktuellen Film. In diesen Einstellungen kommt immer alles zusammen, die großen Geschichten des Lebens werden sichtbar zwischen den träge im Schatten liegenden Hunden und der endlosen Weite der mexikanischen Prärie. Dabei „arbeitet er fast immer mit Laiendarsteller*innen, die er, im Bresson’schenSinne, als Modelle nutzt und sie zu den ungemein körperlichen Trägern seiner Filme formt. Alle seine Filme hatten bei den großen internationalen Festivals in Europa ihre Weltpremiere, wo sie gleichermaßen faszinierten und polarisierten.“ (Gary Vanisian)

Im Filmhaus hatten Sie die Gelegenheit, alle fünf Langspielfilme von Carlos Reygadas zu sehen.