3.6. bis 30.6.2021 online im virtuellen Kinosaal kino3

„Alles was du gibst, gehört dir, alles was du nicht gibst, ist verloren", lautet ein georgisches Sprichwort. "Alles, was in meinen Filmen geschieht, dreht sich um die Schwäche des Menschen für den Besitz", der dazu beiträgt, „die wahren Werte wie Gefühle zum Verschwinden zu bringen", beschreibt Otar Iosseliani sein Werk. Und man könnte hinzufügen: Alle Filme Iosselianis handeln vom Verschwinden von Kultur und Sinnlichkeit, Uneigennützigkeit und Solidarität. Es sind poetische Tragikomödien, gekennzeichnet durch feinen Humor, leise Wehmut, reduzierte Dialoge und eine fließende Bildsprache.

Otar Iosseliani, 1934 in Tiflis geboren, studierte zunächst Musik und Mathematik, ehe er ab 1955 Regiekurse bei Alexander Dowshenko an der Moskauer Filmhochschule WGIK besuchte. Sein mittellanger Abschlussfilm APRILI (1962), der sich kritisch mit dem Besitzstreben des Kleinbürgertums auseinandersetzt, wurde in der Sowjetunion verboten. APRILI ist – wie zahlreiche folgende Arbeiten – ein Film weitgehend ohne Dialog und Kommentar. Nach Iosselianis Überzeugung dürfen Worte in einem Film nicht bestimmend sein und keine wichtigen Informationen tragen. In seinen Arbeiten spielt sich das Wesentliche in Blicken, Mimik und Körperhaltung ab, Worte stehen als gleichberechtigtes Element der Tonspur neben der Musik und den Geräuschen.

Nach drei abendfüllenden Filmen, die Iosseliani zwischen 1966 und 1975 drehte, erhielt er in der Sowjetunion keine Arbeitsmöglichkeit mehr und ging 1982 nach Frankreich. Seither hat Otar Iosseliani ein gutes Dutzend Filme gedreht, im Senegal, in Italien, in Frankreich und in Georgien. Er betrachtet sie ausnahmslos als georgische Filme, Filme, die von arm und reich, Stadt und Land, Traditionen, dem Verlust von Werten und dem Vergehen der Zeit erzählen. Sie sind melancholisch und heiter zugleich, denn „wenn die Dinge sehr ernst stehen, dann ist es schwer, ernst von ihnen zu sprechen" (Otar Iosseliani).

Gut 15 Jahre nach Otar Iosselianis Besuch im Filmhaus Nürnberg anlässlich einer Retrospektive im November 2005 zeigen wir im Juni auf kino3 eine Auswahl von sieben abendfüllenden Filmen, vom Langfilmdebüt DIE WEINERNTE aus dem Jahr 1966 bis zu Iosselianis vorläufig letztem Film CHANT D'HIVER (WINTER SONG) von 2015.

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