Vom 6. bis 17. Mai widmet das Filmhaus dem Künstler und Regisseur Teboho Edkins eine Werkschau seines filmischen Schaffens – die erste ihrer Art. Seine faszinierenden Dokumentarfilme, die häufig den Prozess des Erwachsenwerdens und des Platzfindens in der Gesellschaft thematisieren, stehen im Spannungsfeld zwischen dokumentarischem und fiktionalem Erzählen, zwischen Film und Videokunst. Folgerichtig, möchte man meinen, ist Teboho Edkins auch teilnehmender Künstler der Ausstellung Something Between Us in der Kunsthalle Nürnberg (19.2. bis 15.5.).

Teboho Edkins wurde 1980 in den USA geboren und wuchs in Lesotho, Südafrika und Deutschland auf. Er studierte Fotografie und Bildende Kunst an der Michaelis School of Fine Art, University of Cape Town. Ein Stipendium ermöglichte ihm, zwei Jahre als Artist in Residence in Le Fresnoy, dem Studio National des Arts Contemporains, in Tourcoing im Norden Frankreichs zu arbeiten. Daran schloss sich ein Regiestudium an der Deutschen Film und Fernsehakademie Berlin (DFFB) an. Seit 2004 ist Edkins durch seine Kurz- und Dokumentarfilme über das Leben in Südafrika nach dem Ende der Apartheid bekannt geworden. Sein erster Film ASK ME, I’M POSITIVE entstand im Rahmen des mehrfach preisgekrönten südafrikanischen Projekts „Steps for the Future“ seines Vaters Don Edkins. Steps for the Future ist eine einzigartige Sammlung positiver, mutiger und ungewöhnlicher Geschichten über Menschen im südlichen Afrika, die ihr Leben meistern und die Gesellschaft angesichts von HIV/AIDS und damit verbundenen Menschenrechtsfragen herausfordern. Für Steps realisierte Teboho Edkins außerdem LOOKING GOOD (2005), TRUE LOVE (2005), THATO (2011) und I AM SHERIFF (2017). Die kurzen- und mittellangen Filme, in die sich Edkins auch vor der Kamera einbringt oder die er den Protagonist:innen über einen längeren Zeitraum überlässt, zeugen von einem tiefen Humanismus. Es sind private, intime Porträts einer Conditio humana verpflichtet. Das Kino, der Film wird dabei immer wieder als emphatisches Instrument benutzt, um Horizonte zu erweitern, Kommunikationsprozesse in Gang zu setzen, Nähe herzustellen. Etwa in ASK ME, I’M POSITIVE, in dem drei junge HIV-positive Männer mit einem mobilen Kino in der Bergwelt Lesothos unterwegs sind oder I AM SHERIFF, um ebendort einen Austausch über geschlechtliche Identität und Sexualität in Gang zu bringen. Die Rezeptionssituationen werden immer wieder wie ein Kino im Kino in den Mittelpunkt gerückt. Starke Protagonist:innen sind „Erklärer“ oder „Vermittler“ zwischen dem erstaunlich offenen und diskussionsfreudigen Publikum. Ab 2006 folgt auch eine Reihe von Filmen – darunter GANGSTER PROJECT (2011) und GANGSTER BACKSTAGE (2013) –, die am Beispiel des Gangsterism die tiefgreifende Spaltung der südafrikanischen Gesellschaft ergründen.

Ein wichtiges Thema in Edkins’ Filmen ist das Nachspüren des Kind-Seins in der jeweiligen Gesellschaft, das der Initiation und mithin der Sozialisation. Er zeigt gleichzeitig auf, wohin die Wege die Jugendlichen führen und welche Faktoren sie bestimmen. In den Bergen Lesothos sind es andere als in Kapstadts Townships. Dort kann der Tod 15-Jährige ereilen – nach der Initiation zum Gangster. Lesotho ist Edkins auch Ausgangspunkt für seinen großen Dokumentarfilm DAYS OF CANNIBALISM (2019), in dem er die Globalisierung wie in einem Brennglas in der Berglandschaft einfängt, die Konflikte zwischen ambitionierten chinesischen Händler:innen und den Einheimischen Viehzüchter:innen spiegelnd.

Mit einem ausgeprägten Bewusstsein für Bilder und absurde Situationen vermag Teboho Edkins dabei auch (stark reduzierte) Tableaus darzustellen, Segmente aus den Filmen auszukoppeln und als neuen Film erstehen zu lassen, als Variationen eines Bildes, das der Maler im Schaffensdrang vielleicht wieder übermalt hätte. Lichtbilder können parallel bestehen und ausgestellt werden. So vielfältig die Längen und Formen seiner Dokumentarfilme sind, so alternieren sie auch beständig zwischen „kontrollierter“ und „inszenierter“ Realität, es sind im übertragenen Sinn Kurzgeschichten, Novellen, Romane oder Bilder einer Ausstellung, die immer wieder Bezüge untereinander herstellen.

Teboho Edkins’ mehrfach ausgezeichnete Filme wurden weltweit auf renommierten Festivals sowie im Rahmen von Gruppen- und Einzelausstellungen gezeigt, darunter im Centre Pompidou, Paris, in der Tate Modern, London, im Haus der Kulturen der Welt, Berlin, und im Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main. 2020 war er mit DAYS OF CANNIBALISM zu Gast bei der Berlinale. Wir freuen uns, in Teboho Edkins’ Anwesenheit am 14. Mai GANGSTER PROJECT und GANGSTER BACKSTAGE – in Kooperation mit der Kunsthalle – sowie am 15. Mai DAYS OF CANNIBALISM – in Kooperation mit der Nürnberger Initiative für Afrika – zu präsentieren. Unser Dank gilt Dr. Harriet Zilch und im Besonderen Teboho Edkins.