Mitmach-Projekt auf der Kaiserburg

Krautschau auf der Burg

Nürnberg - Wildpflanzen, die zwischen Pflastersteinen und Mauerritzen auf der Nürnberger Kaiserburg wachsen, dürften bisher den wenigsten aufgefallen sein. Diese „Ritzenrebellen“ haben sich an die extremen Standortbedingungen angepasst. #Krautschau ist eine europaweite Bewegung, die Aufmerksamkeit für sie wachsen lassen möchte.

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Die Nürnberger Kaiserburg ist Lebensraum für über 2.000 Tier- und Pflanzenarten.

Sie trotzen Trittbelastung, Hitze und Bodenverdichtung und sind für zahlreiche Insekten von Bedeutung. In den Pflasterfugen der Kaiserburg kommen verschiedenste Trittpflanzen vor, darunter auch die Weg-Malve (Malva neglecta) mit ihren rundlichen, leicht gezähnten Blättern. Malvenblätter und -blüten enthalten Schleimstoffe, sie werden in der Volksheilkunde als linderndes Mittel gegen Reizhusten verwendet. Oder der Breit-Wegerich (Plantago major), der zu den Königen der Wege gehört. Ein König der Wege? „Rich“ kommt aus dem Althochdeutschen und bedeutet König/Herrscher.

Die Samen der Wegeriche werden im feuchten Zustand klebrig und bleiben an den Füßen und Wagenrädern der Reisenden hängen. So werden die Samen entlang der Wege verbreitet. Der häufig vorkommende Breit-Wegerich hält mit seinen robusten, bodennahen Blattrosetten aus ledrig-dicklichen, eiförmigen Blättern auch dem Tritt von uns Menschen stand.

Häufig werden Wildpflanzen – vor allem in den Städten – nicht wahrgenommen und buchstäblich mit Füßen getreten. Dieses Phänomen wird in der Wissenschaft unter dem Begriff der Plant Blindness (Pflanzenblindheit) diskutiert. Darunter ist ein Wahrnehmungsdefizit zu verstehen: Pflanzen werden in der eigenen Umgebung nicht bemerkt, was wiederum dazu führt, dass die ökologische Bedeutung der Wildpflanzen in ihrem Lebensraum und für uns Menschen nicht thematisiert und geschätzt wird.

Ein Großteil unserer Wildpflanzen bietet Insekten wie den Wildbienen einen Unterschlupf sowie Nektar und Pollen zu ihrer Ernährung und Proviant für die Nachkommen. Jede unversiegelte Mauerritze und Pflasterfuge kann ein kleinstes Ökosystem darstellen, kann Lebensraum für Pflanzen und Tiere sein und darüber hinaus sogar Regenwasser aufnehmen – ein kleiner Beitrag also zur Artenvielfalt und zum Wasserrückhalt.

Die europaweite Bewegung #Krautschau möchte genau darauf aufmerksam machen und ein Zeichen gegen die Unkrautbekämpfung, den übertriebenen Ordnungssinn und die Plant Blindness setzen. Bereits im vergangenem Jahr wurden im Rahmen des Projektes Lebensraum Burg mehrere #Krautschau-Aktionen auf der Nürnberger Kaiserburg durchgeführt. In Kleingruppen wurden die Ritzenrebellen gesucht, mit Hil-fe von Pflanzenbestimmungsbüchern und Apps wie Flora Incognita identifiziert und mit Straßenmalkreide an deren Standort gut sichtbar beschriftet. Gerade die Verwendung von Apps macht es Laien leicht, einen Zugang zur Pflanzenwelt zu bekommen.

Die Teilnehmenden wurden eingeladen, mit #Krautschau oder #mehralsUnkraut beschriftete Ritzenrebellen zu fotografieren und auf den sozialen Netzwerken zu teilen. So können neben den Passanten sehr viel mehr Menschen erreicht und auf die Wildpflanzenvielfalt in den Städten aufmerksam gemacht werden.

Die entdeckten Ritzenrebellen wurden in den Kleingruppen fleißig in einer Artenliste notiert. Viele der Teilnehmenden waren sehr überrascht, dass sie nach einer Suchzeit von weniger als einer Stunde über 20 ver-schiedene Wildpflanzenarten entdecken konnten.

Insgesamt konnten im Rahmen der #Krautschau-Aktionen bereits über 60 Ritzenrebellen auf der Nürnberger Kaiserburg nachgewiesen werden. Es ist davon auszugehen, dass noch mehr Wildpflanzen auf dem Burgberg zwischen den Pflastersteinen und Mauerritzen bei weiteren #Krautschau-Aktionen entdeckt werden.

Die Teilnehmenden ließen sich sehr schnell von der Vielfalt der Wildpflanzen faszinieren und schreckten auch nicht davor zurück, vor den Pflanzen auf die Knie zu gehen, um sich die Details, auf die es bei der Bestimmung ankommt, genau anzusehen. #Krautschau ist eine Gemeinschaftsaktion, die den Blick für die Artenvielfalt und deren ökologische Bedeutung schärft und Spaß macht. Sie wird auch 2023 wieder auf der Nürnberger Kaiserburg angeboten.

Kaiserburg Nürnberg
Auf der Burg 17
90403 Nürnberg
Öffnungszeiten: tägl. 9 – 18 Uhr, ab 1. Okt 10 – 16 Uhr
Telefon: 0911 24 46 59-0
kaiserburg-nuernberg.de

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