Die Kraft der Kraftausdrücke

von Vera Losse - 1.3.2024

Nürnberg - Wie alltäglich das Fluchen und Schimpfen ist, wissen wir alle, denn wir tun es ständig. Warum das so ist, führt die neue Ausstellung Potz! Blitz! Vom Fluch des Pharao bis zur Hate Speech im Museum für Kommunikation bis zum 12. Januar 2025 so kurzweilig wie lebensnah vor Augen.

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An einer Station kann man sich von Kurator Rolf-Bernhard Essig kreativ beschimpfen lassen. © MSPT/ Bert Bostelmann

„Kraftausdrücke“ beschreibt das schillernde Sprachphänomen am besten. Es sind markige und deftige Wörter, die angeblich Verderben bewirken können, magische Macht besitzen sollen oder die Rede unterhaltsam würzen. So wie die Verwünschung „Gottes Blitz soll dich treffen!“ kurz „Potz! Blitz!". Ein Hirnmodell in der Ausstellung lässt erfahren, warum bestimmte Worte eine so große Wirkung auf uns haben, wo sie im Kopf gespeichert sind und wieso das Tourette-Syndrom mit dem Schimpfen zu tun hat.

Neben wissenschaftlichen Basisinformationen findet man viel Interaktives in der Schau. Mit einem Fluch-Generator lassen sich originelle Beschimpfungen erstellen, die teils auf den Nürnberger Schuster und Poeten Hans Sachs zurückgehen. Spielerisch kann man ein Schimpfduell in einem Game in Pixelgrafik austragen oder bei einem Mitmach-Quiz internationale Flüche ihrem Ursprungsland zuordnen. Wer fränkisch lästern kann, darf seinen Schimpfwortschatz an einer Station mit anderen teilen – ebenso kann man auf einer Karte Flüche aus aller Welt hinterlassen.

Rolf-Bernhard Essig, der die Schau konzipiert und kuratiert hat, will auch die modernen Exzesse von Hassrede und die Möglichkeiten, ihr zu begegnen, thematisieren. Gleichzeitig bricht er eine Lanze für eine kraftvolle Sprache, die tiefverwurzelt in der menschlichen Kultur ist. So zeigt Potz!Blitz! die Ursprünge von Kraftausdrücken in Magie, Geschichte und Religion.

Die Präsentation schlägt dabei einen großen Bogen von der Bibel über römische Voodoo-Puppen und barocke Fluchverbote bis hin zu Internet-Trollen und zur Hate Speech der Gegenwart. Eindrücklich zeigen Interviews mit dem Nürnberger Oberbürgermeister Marcus König, dem Nürnberger SPD-Vorsitzenden und Stadtrat Nasser Ahmed, dem Vorstand des CSD e.V. Nürnberg oder Alexander Jungkunz, Chefpublizist beim Verlag Nürnberger Presse, wie Hass und Diffamierung durch die oft so gar nicht sozialen Medien befördert werden und wie man damit umgehen kann. Gleichzeitig werden auch Hilfsangebote für Betroffene vorgestellt.

Ein weiteres Themenfeld ist die Fluch­abwehr. Deshalb dürfen Amulette, Talismane und Mittel gegen den bösen Blick in einer solchen Ausstellung nicht fehlen. Denn wer abergläubisch ist und an die Macht der Wörter glaubt, will sich, unabhängig von sozialer Position oder Bildungsgrad, gegen sie schützen. Daneben geht es um deftige Sprache in der Politik, den Geschlechterbeziehungen, im Straßenverkehr oder dem Fußballstadion. Abwechslungsreich, überraschend und sinnlich erfahrbar wird, wie das Fluchen und Schimpfen ständige und vitale Elemente jeder menschlichen Kommunikation sind.

Begleitprogramm
Neben Führungen gibt es einmal im Monat sonntags (24.3., 21.4.,19.5., 16.6. um 11.30 Uhr) ein eigens für Potz! Blitz! vom Theater Salz+Pfeffer geschriebenes Figurentheater. Auch beim Fest im Museumshof, das das MKN zusammen mit dem DB Museum und dem Staatstheater am 4. Mai veranstaltet, gibt es Angebote mit Kurator Essig ebenso wie auf dem Frühlingsvolksfest.
Weitere Infos unter potzblitz.museumsstiftung.de

Museum für Kommunikation Nürnberg
Lessingstraße 6
90443 Nürnberg
Öffnungszeiten: Di – Fr 9 – 17 Uhr, Sa, So, Fei 10 – 18 Uhr
Telefon: 0911 23 08 80
mfk-nuernberg.de

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