Hommage Delphine Seyrig

 

27.6. bis 30.7.2025

 

Delphine Seyrig (1932–1990) war in den 1960er bis 1980er Jahren eine der herausragenden Darstellerinnen des europäischen Autor*innenkinos. Ihre Filmografie umfasst eine Vielzahl bedeutender Rollen in Filmen von u. a. Alain Resnais, François Truffaut, William Klein, Jacques Demy, Luis Buñuel, Marguerite Duras, Chantal Akerman und Ulrike Ottinger. Weniger bekannt sind Seyrigs eigene Arbeiten als Filmemacherin und ihr feministisches Engagement ab den 1970er Jahren. Das Filmhaus präsentiert in einer Hommage drei ihrer Regiearbeiten als Nürnberger Erstaufführung, zehn Filme, in denen Seyrig als Schauspielerin zu sehen ist sowie zwei dokumentarische Arbeiten über sie.

 

 

Delphine Seyrig wurde 1932 in Beirut als Tochter eines französischen Vaters und einer schweizerischen Mutter geboren und wuchs in Beirut, Paris und New York auf. 1950 entschied sie sich für eine Schauspielkarriere und heiratete im gleichen Jahr einen amerikanischen Maler. In New York besuchte sie das Actors Studio, spielte am Theater und erhielt 1959 ihre erste Filmrolle im Kurzfilm PULL MY DAISY von Robert Frank und Alfred Leslie. Die Bekanntschaft mit Alain Resnais führte sie zurück nach Frankreich, wo das Paar zwei Filme zusammen drehte. Ihre erste gemeinsame Arbeit, LETZTES JAHR IN MARIENBAD, gewann 1961 in Venedig den Goldenen Löwen und machte Delphine Seyrig über Nacht zum Star. Alain Resnais akzentuierte ihre grazile Silhouette mit extravaganten Federkleidern und aktualisierte mit seiner Protagonistin das Bild der Diva. Delphine Seyrig wurde von französischen Kritiker*innen für ihre elegante Persönlichkeit als „la divine“ gefeiert, die an die rätselhaften Traumfrauen des klassischen Films wie Greta Garbo erinnerte. Wie aus einer anderen Welt erscheint Delphine Seyrig in ihren großen Rollen der 1960er und 1970er Jahre, eine geheimnisvolle, unnahbare Figur mit einer unverwechselbaren Stimme, die die Männer um sie herum betört und verwirrt. Schon bald empfand sie die ihr zugewiesene Rolle als Statussymbol einengend und unbefriedigend. 

Ende der 1960er Jahre begann sie, sich kritisch mit den gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen auseinanderzusetzen, in denen Frauen leben. Auf Demonstrationen und in Talkshows setzte sie sich lautstark und streitbar für die Rechte der Frauen ein, schloss sich dem „Mouvement de libération des femmes“ an und unterschrieb 1971 das von Simone de Beauvoir verfasste „Manifest der 343“ – Frauen, die öffentlich deklarierten, abgetrieben zu haben. 1974 wurde sie Teil des feministischen Kollektivs Les Insoumuses, um feministische Videoarbeiten zu realisieren. In ihrem Film BE PRETTY AND SHUT UP! befragte sie Kolleginnen zu ihren Erfahrungen in der Filmbranche und legte damit den dort herrschenden Sexismus offen – 40 Jahre vor #MeToo. Nicht zuletzt ihr feministisches Engagement brachte sie dazu, ab Mitte der 1970er hauptsächlich mit Frauen zu drehen, weil ihrer Meinung nach Regisseurinnen „eine andere Sicht der Welt“ und „das wirkliche Leben der Frauen“ vermittelten. Aus dieser Zeit ragt die Zusammenarbeit mit drei Regisseurinnen heraus, mit denen sie zehn Filme drehte: Chantal Akerman, Marguerite Duras und Ulrike Ottinger. In den 1980er Jahren engagierte sich Seyrig als Präsidentin des Centre audiovisuel Simone de Beauvoir, das sie 1982 gegründet hatte, um Materialien zur Frauenbewegung zu archivieren. Sie starb 1990 im Alter von 58 Jahren in Paris.

Einen guten Einstieg zur Person Delphine Seyrig und ihrem künstlerischen Schaffen bietet die Sendung Blow Up in der ARTE-Mediathek.