Würdigung des Mäzen Werner Grundelfinger

Rückkehr in die Heimat

von Daniela Eisenstein - 7.10.2021

Schwabach - Als Werner Gundelfinger 1945 aus dem Schweizer Exil in seine Heimat zurückkehrt, beginnt der Fürther Jude, Relikte einer zerstörten Welt zu sammeln. Die Judaika aus Franken schenkt er später dem Jüdischen Museum Franken. Mit der Ausstellungsandockung Rückkehr in die Heimat erinnert dieses nun ab Mitte Dezember an den Mäzen, dessen Leben beispielhaft für das ambivalente Leben zurückgekehrter Jüdinnen und Juden in der Nachkriegszeit steht.

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Werner Gundelfinger mit Familie in den 1950er Jahren.

Mit 15 Jahren flüchtet Werner Gundelfinger 1938 mit seinen Eltern und seinem Bruder in die Schweiz. Unmittelbar nach Kriegsende kehrt er als junger Mann mit seinem Vater Alfred nach Fürth zurück. Sie hoffen, die Geschäfte des „arisierten“ und einst erfolgreichen Familienbetriebs – einer Textilwarenhandlung – wieder übernehmen zu können. Dies gelingt Werner Gundelfinger, doch eine Rückkehr in die Heimat ist das Leben in Fürth nicht.

Die alte Heimat gibt es nicht mehr. Gundelfinger findet sich inmitten grundverschiedener Welten wieder: zwischen der neuen Fürther orthodoxen und osteuropäisch geprägten Jüdischen Gemeinde und der amerikanisch-jüdischen Reform-Gemeinde der US-Allierten einerseits; zwischen den deutschen Tätern und denen, die geholfen hatten, und der Schweiz, wo er die Schoa überlebte, aber nicht heimisch wurde, andererseits. Virtuos bewegte er sich in der unmittelbaren Nachkriegszeit in all diesen Welten.

Gundelfingers Leben steht exemplarisch für das Leben deutscher Juden, die im Ausland überlebten und in der unmittelbaren Nachkriegszeit nach Deutschland zurückkehrten. In einer Zeit, in der die Trennlinie zwischen Täter und Opfer kristallklar, der Heimatbegriff für Juden und Jüdinnen mit ambivalenten Gefühlen besetzt ist, und in der die Frage nach jüdischer Identität nach den Erfahrungen der Schoa und des Exils, neue Dimensionen annimmt. Jüdische Gemeinden werden aufgebaut, obwohl damals niemand an eine Zukunft jüdischen Lebens in Deutschland glaubt.

Ein Zufall ist es vermutlich nicht, dass Werner Gundelfinger gerade in dieser Zeit eine ansehnliche Judaika-Sammlung zusammenträgt, die er auf Geschäftsreisen durch Franken in nichtjüdischem Besitz entdeckt. Sie wurden perfider Weise und aus den unterschiedlichsten Gründen zu beliebten Sammlerstücken, obwohl der Nationalsozialismus alles Jüdische verachtete und die Enteignung, die Vertreibung und die Ermordung der jüdischen Bevölkerung gnadenlos betrieb.

Werner Gundelfinger sammelt nach dem Krieg alles, was er findet: Toraschmuck, Torarollen, Schabbatleuchten, Kidduschbecher, Besamimbüchsen, Chanukkaleuchter, hebräische Drucke und holt sie so „nach Hause“. Als seinen Besitz hütet er sie, bis er sie 1999 zusammen mit seiner Ehefrau Suzanne dem Jüdischen Museum Franken schenkt. Dieses zeigt nun anlässlich Werner Gundelfingers 100. Geburtstags die Rückkehr in die Heimat. Ab Mitte Dezember.

Jüdisches Museum Franken
Königstraße 89
90762 Fürth
Öffnungszeiten: Öffnungszeiten online
Telefon: 0911 950-9880
juedisches-museum.org

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