Sonderausstellung Kinderträume

Kinderträume – die Spielzeugwelt der Ritter und Burgen

von Uta Piereth - 8.10.2021

Cadolzburg - In der großen Burg viele kleine Burgen: Passend zum Jahresmotto Jugend auf der Burg präsentiert die Cadolzburg die Sonderausstellung Kinderträume. Noch bis zum 6. März 2022 spiegeln Burgmodelle und Spielfiguren aus Elastolin, wie wir uns die mittelalterliche Welt vorstellen.

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Günther Renner aus Cadolzburg ist ein leidenschaftlicher Sammler von Spielzeug-Burgen.

Mächtig baut sie sich vor den Augen eines Kindes auf, die große Normannenburg der Firma Hausser. Dafür hätte ein Dreikäsehoch in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg ein Vermögen bezahlen müssen. Aber es gab auch Angebote für kleinere Münze: Figuren von vier oder sieben Zentimetern Größe, darunter Hunnen, Normannen, Ritter und Landsknechte, alle aus dem famosen Material Elastolin gefertigt, bunt bemalt und scheinbar direkt den Geschichtsbüchern entstiegen.

Elastolin, diese Masse aus Sägemehl, Wasser, Kasein und Leim, ließ sich gut modellieren und gab ganzen Panoramen vermeintlich typischen Mittelalterlebens die Form. Die Kataloge boten namhafte Kämpfer wie Gawain oder Götz von Berlichingen ebenso wie Ritter, Büchsenmeister oder Fußsoldaten zum Kauf – meist sind sie in Aktion dargestellt. Wenn Kinder einmal einen ganz großen Wunsch frei hatten, gab es sogar einen Planwagen.

Wer sich als Heranwachsender nicht alle Wünsche zu erfüllen vermochte, holte dies in manchem Fall als Erwachsener nach. So ist Günther Renner aus Cadolzburg zum Sammler geworden. Seine Burgen aller Größen und Figuren stellte er als Leihgaben für die Herbstsonderausstellung Kinderträume auf der Cadolzburg ebenso zur Verfügung wie seine Kenntnisse zur Firmengeschichte und Machart dieser Spielwaren. Noch immer leuchten seine Augen vor Begeisterung angesichts all der Schätze – und diesen Funken möchte er überspringen lassen. Wirklich gut spielen lässt sich aber mit den Figürchen nicht, da bei ihnen leicht eine Waffe oder Fahne abbricht.

Interessant ist auch die Geschichte dieses Unternehmens, das nach Anfängen in Ludwigsburg (1904) in die Nähe von Coburg zog. Lange vor Playmobil produzierte Hausser dort bis 1983 mit gigantischem Erfolg seine Figuren, Fuhrwerke, Waffen und Burgen. Den größten Absatz erzielte die Firma im Ausland mit Tier- und Soldatenfiguren des Ersten Weltkriegs. Ab den 1930er-Jahren verkaufte sich im Inland vor allem die ungeheure Bandbreite an Wehrmachtssoldaten, Artillerie und sogar NS-Parteifiguren oder Prominenten. Offenbar standen diese in vielen deutschen Haushalten ganz oben in der Beliebtheit der Kinderzimmerausstattung und stabilisierten so auf spielerische Weise die Schreckens- und Kriegsherrschaft des NS-Systems.

Nach 1945 stellte Hausser auf Indianer- und Trapper-Figuren um und produzierte nach 1958 auch Bundeswehrsoldaten. Die Firmen-Idee einer Mannequin-Puppe (ab 1955) wurde später allerdings von der Firma Mattel übernommen und als Barbie zu einem Spielzeughit. Ganz friedlich.

Burg Cadolzburg

90556 Cadolzburg
Öffnungszeiten: Di – So 10 – 16 Uhr, ab April 9 – 18 Uhr
Telefon: 09103 700-8615
burg-cadolzburg.de

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