Keith Sonnier

Baden im Licht

von Kristin Schrader - 12.10.2021

Nürnberg - Die Werke des Weltenwanderers Keith Sonnier bezeugen Neugierde und Offenheit für Andersartiges und Ungewöhnliches und tun vor allem eins: Sie laden dazu ein, sich den eigenen Empfindungen hinzugeben. Eine umfangreiche Retrospektive im Neuen Museum Nürnberg feiert den im letzten Sommer verstorbenen Künstler (15.10.21 bis 6.2.22).

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Keith Sonnier,

Keith Sonnier hat einmal gesagt, er sauge verschiedene kulturelle Einflüsse auf wie ein Schwamm. Geboren und aufgewachsen ist er im kulturellen Schmelztiegel Louisiana, dem tiefen Süden der USA mit afrikanischen, europäischen und karibischen Einflüssen. Dort hat er Kunst und Anthropologie studiert, gefolgt von Aufenthalten in Europa und einem Kunststudium in New Jersey. Bereits mit Mitte Zwanzig war Sonnier in wichtigen Ausstellungen in New York vertreten und dort viele Jahre in der Kunstszene fest verankert. Es folgten lange Reisen nach Brasilien, China, Indonesien, Indien und Japan, bevor er schließlich sesshaft wurde in New York und Long Island.

Keith Sonnier ist vor allem dafür bekannt, sein Publikum in Licht zu tauchen. Begonnen hat es mit handelsüblichen Insektenlampen, die zuhause in Louisiana auf der Veranda hingen. Bald schon genügte Sonnier dieser Einsatz von Leuchtmitteln nicht mehr. Er wollte Licht gestalten. Gläserne Leuchtröhren machten es möglich. Mit unterschiedlichen Gasen gefüllt oder eingefärbt konnten sie alle Farbnuancen hervorbringen und zudem nach seinen Vorgaben geformt werden. Die Energie der Elektrizität paarte sich mit derjenigen seiner gestischen, von Hand gezeichneten Entwürfe. Sein Leben lang hat Sonnier nicht aufgehört, so zu arbeiten.

Der 1941 Geborene hatte dabei nicht Leuchtreklame im Sinn, sondern die Landschaft seiner Heimat mit ihren gefluteten Reisfeldern, ihrem subtropischen Klima und den daraus erwachsenden Lichtatmosphären. In dieser Hinsicht ging es Sonnier nicht vorrangig um eine Auseinandersetzung mit Alltagskultur als Kommentar auf unsere Konsumwelt, wie es Sache der noch bis in die 1960er-Jahre dominanten Pop Art gewesen war.

Keith Sonnier, "Color Wipe", 1973 (Videostills)  © VG Bild-Kunst

Ihm ging es vielmehr von Anfang an darum, Kunst mit allen Sinnen erfahrbar zu machen, also nicht allein zu sehen, sondern auch zu riechen, sogar zu schmecken und vor allem zu fühlen. Seine frühen Werke erreichen dies vor allem durch kunstferne Materialien wie Latex, Pigment, Schaumstoff und Gaze. Damit zählte Sonnier zur sogenannten New Sculpture, die die tradierte Bildhauerei in Frage stellte, den Sockel suspendierte und die Kunst schlicht auf den Boden stellte oder an Wände lehnte.

Ein besonderes Verhältnis zur Architektur ist auch wesentlich für die Lichtarbeiten. Sie nehmen Raum nicht nur ein, sondern schaffen selbst Volumen. In der Kombination von Licht mit Spiegeln und Glasplatten erhält dabei nicht allein die Architektur als gespiegeltes Bild Einzug in die Werke, sondern die Betrachtenden treten in einen Dialog mit sich und anderen und das Wahrnehmen selbst wird Thema.

Sei es über Medien wie Telefon und Satellit, Videoperformances oder in der Zusammenarbeit mit lokalen Handwerkerinnen und Handwerkern in aller Welt, Sonnier war vor allem auch das: ein Künstler des Austauschs und der Kommunikation. Sprache als Mittel der Verständigung und Faszination für Andere prägt das Schaffen dieses Künstlers, der als Nachkomme französischer Einwanderer selbst zweisprachig aufgewachsen ist. So ist eine seiner berühmtesten Werkserien nach einem Bootsnamen benannt, der ihm auf Haiti aufgefallen war: Ba-O-Ba, die kreolische Wendung für
Baden im Mondlicht.

Neues Museum Nürnberg
Klarissenplatz
90402 Nürnberg
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr, Sa, So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 20 Uhr
Telefon: 0911 2 40 20 69
nmn.de

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