Sonderschau in der Kunsthalle

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

von Harriet Zilch - 9.6.2023

Nürnberg - Die Kunsthalle Nürnberg wird zur Parklandschaft – mit echtem Rollrasen. Bis die Zeit vergeht nennt Alex Müller ihre Ausstellung, die vom 24. Juni bis zum 1. Oktober 2023 zu sehen ist. Auch Seife spielt dabei eine duftende Rolle.

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Portrait: Alex Müller

Bereits der Ausstellungstitel, der eine Verszeile aus dem Song Déjà Vu der 1980er-Jahre-Band Spliff zitiert, verweist auf einen zentralen Aspekt im Werk der Künstlerin Alex Müller: das komplexe Phänomen Zeit, das sie auf vielfältige Weise umkreist.

Im großen Saal der Kunsthalle Nürnberg plant Alex Müller eine „Parklandschaft“: Rollrasen bedeckt den Boden, schmale Pfade durch die Grünfläche definieren die Laufwege zu den Gemälden an den Wänden. Saftig und grün wird der Rasen jedoch nur kurz sein. Mit der Zeit wird er welken und zu einem raumfüllenden Bild für die Vergänglichkeit werden. Angenehmer riecht da eine Textilarbeit, die 32 Seifenreste wie bunte Edelsteine präsentiert: Über Monate hat die Künstlerin diese Reste gesammelt und auch sie repräsentieren vergangene Lebenszeit – der Duft der Vergangenheit weht in die Gegenwart.

Es ist Küchenpsychologie, dass ein Kunstwerk immer auch ein Stück weit autobiografisch ist. Wie soll es auch anders sein? Wie soll, losgelöst vom eigenen Sein und den individuellen Erfahrungen und Prägungen, ein künstlerisches Werk entstehen? Im Fall von Alex Müller ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität jedoch zentraler Punkt jeder künstlerischen Äußerung. Erinnerungen und Erfahrungen flackern auf und werden hin- und hergewendet. So haben auch ihre Werktitel oft einen Bezug zur eigenen Geschichte. Hier finden sich Namen von Verwandten und Freunden, von Heldinnen ihrer Kindheit und Jugend, Verweise auf geliebte Bücher und Filme sowie auf Ereignisse oder Emotionen aus der Vergangenheit. Keineswegs dient dieser autobiografische Prozess der Werkfindung einer narzisstischen Selbstspiegelung, sondern er repräsentiert die
immerwährende Suche nach dem Ich ebenso wie eine vielschichtige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und Vergänglichkeit.

Die acht Oberlichtsäle der Kunsthalle Nürnberg benennt Alex Müller nach Orten und damit nach zentralen Lebensstationen: vom Dorf Huchem-Stammeln bei Düren über Los Angeles bis zum Berliner Stadtteil Neukölln, dem heutigen Wohnort der Künstlerin. Die spezifische Dramaturgie der Räume schafft die Struktur für eine Autobiografie in acht Kapiteln. Immer tiefer taucht die Ausstellungschoreografie in den Kosmos der Künstlerin ein, der von seiner eigenen Gesetzmäßigkeit und Motivik lebt. In der Ausstellung Bis die Zeit vergeht öffnet sich alles – Malerei, Zeichnung, Bildhauerei, In­stallation, Film, Sound und Performance – zu einem weiten Experimentierfeld.

Kunsthalle Nürnberg
Lorenzer Straße 32
90402 Nürnberg
Öffnungszeiten: Di – So 11 – 18 Uhr, Mi 11 – 20 Uhr
Telefon: 0911 2 31-28 53
kunsthalle.nuernberg.de

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