Herausragende Skulptur

Das Geheimnis der Heiligen Elisabeth

von Wibke Ottweiler - 9.6.2023

Nürnberg - Die Heilige Elisabeth von Tilman Riemenschneider gehört zu den Highlights des Germanischen Nationalmuseums. Derzeit wird die Skulptur im hauseigenen Institut für Kunsttechnik und Konservierung eingehend untersucht und restauriert. Sie wird für ihren Auftritt in der 2025 wiedereröffnenden Spätmittelalter-Dauerausstellung fit gemacht. Aber wie genau?

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Restauratorin Wibke Ottweiler mit der Heiligen Elisabeth.

Lange Zeit galt der Würzburger Bildschnitzer Tilman Riemenschneider (um 1460 – 1531) als Erfinder der sogenannten „holzsichtigen“ Skulptur. Das heißt: Nicht die mehrfarbige Bemalung der Gesamtfigur, sondern vor allem das schnitzerische Können sorgte für ausdrucksstarke Gesichter und Detailreichtum in der Wiedergabe von Körpern und Gewanddetails. Nur Augen und Lippen wurden meist farbig gestaltet, um den Figuren Lebendigkeit zu verleihen. Ansonsten veredelten transparente oder leicht gefärbte Überzüge die Figuren, kombiniert mit einzelnen deckenden Farbakzenten. Dadurch kam die fein geschnitzte und manchmal mit Punzen verzierte Holzoberfläche besonders gut zur Geltung.
Inzwischen ist bekannt, dass neben Riemenschneider auch einige andere Werkstätten ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert auf die Wirkung des puren oder nur teilweise bemalten Holzes bei der Herstellung ihrer Skulpturen vertrauten.
Untersuchungen haben jetzt ergeben: Wahrscheinlich war auch die Heilige Elisabeth einst ähnlich gestaltet. Die bunten Farbschichten, die heute ihre Oberfläche nahezu vollständig bedecken, stammen aus späteren Zeiten.
Die ältesten Aufträge lassen sich nach technologischen und stilistischen Kriterien in die Barockzeit datieren. Da die Skulptur aber um 1510 entstanden ist, muss sie mindestens 100 Jahre lang anders ausgesehen haben. Daher war eine der Kernfragen der aktuellen Untersuchung, ob sich unter der alten barocken Bemalung Hinweise auf eine noch ältere Gestaltung finden lassen.
Und tatsächlich, unter dem Mikroskop zeigten sich Reste eines rötlich transparenten Überzugs, der direkt auf der Holzoberfläche liegt und vermutlich der Veredelung der feinen Schnitzerei diente. Die erste Bemalung der Heiligen Elisabeth.
Die vereinzelten Befunde lassen sich derzeit noch nicht auf die gesamte Skulptur übertragen, die Untersuchungen sind noch in vollem Gange. Auf Grundlage der bisherigen Ergebnisse konnte aber bereits mit der Reinigung und Abnahme von Schmutz und verdunkelten jüngeren Überzügen begonnen werden, die die Oberfläche und damit das äußere Erscheinungsbild der Figur massiv verunklären.
Dafür werden ihr Gelkompressen mit Lösungsmitteln aufgelegt und die angelösten Schichten anschließend mit Wattestäbchen abgenommen. Der Erfolg zeigt sich bereits jetzt: Das rosige Inkarnat im Gesicht und die weiße, mit hell- und dunkelblauen Streifen durchwirkte Haube kommen schon wieder schön zur Geltung. Nach Abschluss der Reinigung werden besonders schadhafte Bereiche retuschiert, so dass die berühmte Heilige bei der Wiedereröffnung der Dauerausstellung zum Spätmittelalter in ihrer neuen Vitrine einen würdigen Auftritt hat.
Für alle, die tiefer ins Thema eintauchen möchten: Ein Blog-Beitrag unter www.gnm.de/museum-aktuell/ informiert ausführlicher über die Untersuchungs-, Reinigungs- und Restaurierungsarbeiten.

Germanisches Nationalmuseum
Kartäusergasse 1
90402 Nürnberg
Öffnungszeiten: Di – So 10 – 18 Uhr, Mi 10 – 20.30 Uhr
Telefon: 0911 13 31-0
www.gnm.de

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