Das stille Örtchen in der Antike

von Yasmin Olivier-Trottenberg - 1.3.2024

Nürnberg - Türe zu, Klodeckel hoch, Hose runter: Jeder tut es Tag für Tag. Aber wie sah der Toilettengang bei unseren Vorfahren aus? Das Naturhistorische Museum zeigt es bis zum 5. Mai 2024 in der Sonderschau Aqua. Leben und Luxus in der Antike – und lädt zum Nachempfinden ein.

A generic square placeholder image with rounded corners in a figure.
Die Nürnberger Rekonstruktion orientiert sich an der Therme der sieben Weisen in Ostia. © NHG

In der Archäologie wurden Latrinen zuerst ignoriert, dann für medizinische Vorrichtungen, Gefängnisse, hydraulische Mechanismen oder Halterungen für Gefäße gehalten, da Toiletten nicht in das Bild der erhabenen Antike passten. Die frühesten Nachweise toilettenähnlicher Einrichtungen sind fast 5.000 Jahre alt und stammen von den Sumerern, aber auch von der Indus-Kultur, aus Kreta, Ägypten sowie weiteren Fundorten im Nahen Osten. Doch all diese Beispiele sind Einzelfunde und keine Ausstattung aller Häuser.

Im antiken Griechenland wurden Müll und Exkremente zuerst in ausgemauerten Gruben gesammelt. Dann bekamen immer mehr Häuser Vorrichtungen, die den Unrat mittels Eimerspülung aus dem Haus direkt auf die Straße beförderten. Diese Situation verbesserte sich erst im Hellenismus, als unterirdische Abwasserkanäle angelegt wurden. Die Verunreinigung muss ein Problem gewesen sein, da Inschriften in Heiligtümern, an Stadttoren, Häusern oder Gräbern immer wieder darauf hinweisen, dass hier weder uriniert noch „geschissen“ werden darf. In der Folge entstehen erste öffentliche Toilettenanlagen für acht bis zehn Personen. Dies setzte sich dann in der römischen Zeit fort; es galt als unanständig, sich in der Öffentlichkeit zu erleichtern.

In der Antike gehörte der Nachttopf zu jedem Haushalt. Der Inhalt wurde in Sammelstellen im Haus oder in öffentlichen Latrinen entsorgt. Das Verbot, den Inhalt aus dem Fenster zu schütten, zeigt, dass dies bei einem abendlichen Spaziergang durchaus vorkommen konnte, wie der Dichter Iuvenal berichtet. Aber auch das Fehlen eines Nachttopfes hatte Folgen, wie der Gast einer Herberge in Pompeji protestierend an eine Hauswand gekritzelt hat und daraufhin die Matratze verunreinigte.

In Pompeji und Herculaneum wurden in vielen Häusern Fäkalgruben gefunden, in die auch Küchenabfälle geworfen wurden. Aus diesen Gruben erfahren wir, dass sich die Bewohner eines Wohnkomplexes ausgewogen und abwechslungsreich
ernährten. Andererseits sehen wir aber auch, wie weit Spulwürmer, Peitschenwürmer und Bandwürmer sowie Ruhramöben, Saugwürmer, Flöhe, Bettwanzen und unzählige Läusearten verbreitet waren.

Öffentliche Latrinen boten bis zu 70 Nutzern Platz und finden sich häufig in der Nähe von Thermen und Märkten. Dies hat praktische Gründe, da das periodisch abfließende Wasser aus den Badeanlagen für die Spülung der Fäkalkanäle genutzt wurde. Die Benutzer saßen ohne Schamwände nebeneinander und waren im Sitzen durch ihre Kleidung vor Blicken anderer geschützt. Die Reinigung nach dem Geschäft erfolgte durch die Öffnung an der Vorderseite. Diskutiert wird die Art der Selbstreinigung: Es existierte ein Utensil, das Xylospongium, eine Art Klobürste bestehend aus einem Schwamm an einem Holzstock. Ob dieses aber zur Reinigung des Gesäßes oder der Toilette genutzt wurde, ist unklar. Bei manchen Toilettenanlagen wäre eine Reinigung mittels Wasser, das aus einer Bodenrinne geschöpft wurde, und der eigenen Hand möglich. Bei anderen Toilettenanlagen ist der Eingriff von vorne zu eng für eine manuelle Reinigung.

Wie es sich einst am gar nicht so stillen Örtchen anfühlte, lässt die Sonderausstellung Aqua. Leben und Luxus in der Antike jeden Besucher nachempfinden. Dort heißt es: Bitte Platznehmen in der nachgebauten Latrine! Passenderweise steht sie im Schaufenster des Museums…

Naturhistorisches Museum Nürnberg
Marientorgraben 8
90402 Nürnberg
Öffnungszeiten: Di – Do, So 10 – 17, Fr 10 – 21, Sa 13 – 17 Uhr
Telefon: 0911 22 79 70
nhg-nuernberg.de

Teilen mit
Zurück zur Übersicht