Raum 2
A Second Look: Stars
Für Frauen war es im frühen 20. Jahrhundert kaum möglich, gesellschaftliche Unabhängigkeit zu erreichen. Die meisten Berufe boten weder Einkommen noch Ansehen. Eine Ausnahme bildete die Bühne und der Film: Schauspielerinnen konnten zu Stars werden – mit Reichtum, öffentlichem Standing und Einfluss. Auch in anderen Kultur-Sparten – Musik, Literatur, Tanz oder Kunst – erreichten einzelne Frauen eine ähnliche Sichtbarkeit. Doch die Schauspielerin im Rampenlicht blieb die wohl prägnanteste Figur weiblicher Selbstermächtigung jener Zeit.
Gleichzeitig war diese Position nicht frei. Frauen im Rampenlicht wurden von Studios, Produzenten oder Galerien oft auf bestimmte Rollenbilder festgelegt und nicht selten ausgenutzt. Und dennoch bot gerade der Status als Star (vor der Kamera) eine der wenigen Möglichkeiten, als Frau finanzielle Unabhängigkeit, Anerkennung und Macht zu erlangen.
Ruth Orkin porträtierte diese Stars und hielt ihre Strahlkraft ebenso fest wie ihre Verletzlichkeit. Gleichzeitig begann sie selbst, als Fotografin eine ähnliche Rolle einzunehmen: eine Frau, die Bilder prägte und damit Sichtbarkeit und Einfluss gewann – auch wenn sie international erst heute zunehmend als „Star“ ihres eigenen Fachs anerkannt wird.
„Being a photographer is making people look at what I want them to look at.“ – „Fotografin zu sein bedeutet, die Leute dazu zu bringen, das zu sehen, was ich ihnen zeigen möchte.“
Genau das gelang Orkin. Heute stehen wir hier und sehen das, was sie uns zeigen wollte.
A Second Look ist der zusätzliche Themenpfad der Ausstellung. Er verbindet Ruth Orkins Werk mit größeren Fragen rund um Frauenbilder, Blickrichtungen und gesellschaftliche Rollen. So entsteht eine zweite Ebene, die aktuelle Perspektiven eröffnet und zum Weiterdenken einlädt.
