Zur Erinnerung an seine Frau Marianne Defet (1926–2008) hat Hans Friedrich Defet (1926–2016) das Marianne-Defet-Malerei-Stipendium gestiftet, das von der Marianne und Hans Friedrich Defet Stiftung sowie der da Vinci Künstlerpinselfabrik getragen wird. Dieses Stipendium ist jungen internationalen künstlerischen Positionen gewidmet, die vorwiegend mit dem Medium Malerei arbeiten und wird zweimal jährlich verliehen. Die Stipendiat*innen werden alternierend vom Institut für moderne Kunst Nürnberg, der Kunsthalle Nürnberg und dem Kunstverein Nürnberg – Albrecht Dürer Gesellschaft vergeben. Am Ende des fünfmonatigen Residenzstipendiums richtet die nominierende Institution den Künstler*innen eine Ausstellung in ihren Räumen aus.

 


 

In memory of his wife Marianne Defet (1926–2008), Hans Friedrich Defet (1926–2016) has set up the Marianne-Defet-Malerei-Stipendium, which is run by the Marianne und Hans Friedrich Defet Stiftung and by the da Vinci Künstlerpinselfabrik. This scholarship is devoted to young international artists who work predominantly in the medium of painting and is awarded twice per year. The scholarship holders are appointed in alternation by the Institut of moderne Kunst Nürnberg, the Kunsthalle Nürnberg and the Kunstverein Nürnberg – Albrecht Dürer Gesellschaft. At the end of the five-month artist residency, the nominating institution organises an exhibition for the artist on their premises.

 

Farbraum in Pink, Lila, Orange und Grün
Zora Kreuzer, Chroma, 2018
Zora Kreuzer
01.09.2024 - 28.02.2025

Zora Kreuzers Wurzeln liegen in der Malerei, mit einem Schwerpunkt auf Minimal Art und Konkreter Kunst. Bereits in ihren Leinwandarbeiten ist ihre Vorliebe für kontrastreiche Neonfarben angelegt, die sie ebenso in ihren ortsspezifischen Rauminstallationen bevorzugt. Dabei ist ihre künstlerische Praxis immer ein offener Prozess, der die Architektur eines Raumes und dessen spezifische Lichtsituation durch farbliche Eingriffe und spezifische Lichtquellen und ‐führung verwandelt. Farbe wird dabei in unterschiedlichen Aggregatszuständen verwendet: Das Spektrum reicht dabei von Acryl- und Wandfarbe über Folien und Plexiglas bis hin zu farbigem Licht in Form von LED-Lampen, Leuchtstoffröhren und Neonröhren. Ihre Farb-Licht-Inszenierungen fügen sich zu Rauminstallationen zusammen, die den architektonischen Raum entmaterialisieren und die Grenzen zwischen Kunst und Architektur verschwimmen lassen.

Mit meist nur minimalen Eingriffen gelingt es Zora Kreuzer, höchst poetische und sinnlich erfahrbare Licht- und Farbräume zu schaffen. Dabei experimentiert sie mit der Intensität, den Nuancen und der Temperatur einzelner Farben und lotet ihre Wechselwirkungen durch Überlagerung, Mischung und Anordnung aus: Architektonische Eigenheiten werden in ihren Installationen neu bewertet, indem die Künstlerin sie betont oder zurücknimmt. Ohne dabei in den materiellen Bestand der Architektur einzugreifen verändert sie damit unsere Wahrnehmung des Raums.

In der Ausstellung Who’s Afraid of Stardust. Positionen queerer Gegenwartskunst in der Kunsthalle Nürnberg 2023/24 zeigte Zora Kreuzer eine Rauminstallation, bei der sie sich von Farbkombinationen und Lichtsituationen der Clubkultur inspirieren ließ. 

Zora Kreuzer wurde von der Kunsthalle Nürnberg für das Marianne-Defet-Malerei-Stipendium eingeladen. Ab September 2024 lebt und arbeitet die Künstlerin für fünf Monate im Atelier- und Galeriehaus Defet in Nürnberg.

Zora Kreuzer (*1986 in Bonn, lebt und arbeitet in Berlin) studierte von 2006 bis 2012 Malerei an der Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe bei Leni Hoffmann, Martin Pfeifle und Seb Koberstädt und wurde 2013 Meisterschülerin von Leni Hoffmann. Während ihres Studiums absolvierte sie Studienaufenthalte 2008 an der Ecole Supérieure des Arts Décoratifs de Strasbourg (FR) und 2009 an der Contemporary Art School Tianjin (CN). 

Zora Kreuzer realisierte Kunst-am-Bau-Projekte an der Nord-Grundschule Berlin-Zehlendorf (2023), am Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin (2020) und im Betrieb für Stadtgrün, Abfallwirtschaft und Straßenreinigung, Erlangen (2017).

Für ihre Arbeit wurde Zora Kreuzer mit verschiedenen Preisen und Stipendien ausgezeichnet, darunter u. a. der Kalinowski-Preis (2022), der Van Look Preis (2017) und das Atelier Mondial Stipendium für Fremantle (AU) (2014). 
Ihre Arbeiten wurden in verschiedenen Einzel- und Gruppenausstellungen national und international präsentiert, u. a. PEAC Museum Freiburg, Kunsthalle Nürnberg (DE), Museum Gegenstandsfreier Kunst, Otterndorf (DE), Klocker Museum(AT), Kunst Meran (IT), Fremantle Biennale (AU), Museum de Lakenhal, Leiden (NL), Perth Institute of Contemporary Arts (AU) und Museum für Konkrete Kunst Ingolstadt (DE). 

Bühnenartige Szene mit einer tanzenden Gliederpuppe im Vordergrund
Monika Michalko, The less room you give me, the more space I've got, 2022 Öl auf Leinwand, 155 x 170 cm; Foto: Jan Michalko; © Monika Michalko
Monika Michalko
20.03. - 15.07.2023

Monika Michalko (*1982 Sokolov, Tschechien) verbindet in ihrer Malerei figürliche und objekthafte, vegetabile und ornamentale, abstrakte und architektonische Bildelemente. Diese verwebt sie zu einem organischen Gefüge, das eine alternative Wirklichkeit zu repräsentieren scheint, die nicht den Gesetz­mäßigkeiten der Perspektive, Schwerkraft oder Proportion verpflichtet ist. Ihre Gemälde sind komplexe Wimmelbilder: Formen und Farben füllen die zur Verfügung stehende Fläche gänzlich aus, und es lassen sich immer wieder neue Mikroerzählungen entdecken. Ihre Kom­positionen entstehen im Bewusstsein unserer alltäglichen Realität mit all ihren Krisen, Eskalationen und Katastrophen und repräsentieren ihre Fähig­keit zur Gestaltung einer alternativen Welt sowie zur Flucht in ebendiese.

Blicken wir auf diese Werke in Kenntnis der Malereigeschichte, so zeigen sich vielfältige Bezüge. Nie handelt es sich um direkte Zitate, jedoch trifft Monika Michalko malerische und kompositorische Entscheidungen, die ihre Vertraut­heit mit den Avantgardeströmungen der Moderne dokumentieren. So erinnern ihre Kompositionen immer wieder an Künstlerinnen und Künstler wie Paul Klee, Kasimir Malewitsch, Hilma af Klingt, Giorgio de Chirico, Odilon Redon oder James Ensor.

Das Œuvre von Monika Michalko ist geprägt durch ein kluges Spiel mit den Grenzverläufen zwischen Malerei, Zeichnung, Skulptur, Film und Performance. Zugleich beschränkt sich ihre Malerei nicht auf die Zweidimensionalität, sondern sie wird volumenhaft, dehnt sich aus und greift in die dritte Dimension. Charakteristische Bildelemente kehren auf Wänden, Teppich­böden oder auch als Muster auf Mobiliar und Objekten wieder. Die Formensprache der Bilder wird installativ in den Raum erweitert, sodass sich die Grenzen zwischen Bild und Raum in einem komplexen Zusammenspiel auflösen und wir zu einem Teil der Inszenierung werden.

in ihrer Werkserie der Tableaux vivants - lebende Bilder, filmisch festgehalten - reaktiviert die Künstlerin eine Tradition, die sich im 18. und 19. Jahrhundert großer Beliebt­heit erfreute: Berühmte Werke der Kunstgeschichte wurden mit lebenden Personen nach­gestellt, und auch Monika Michalko inszeniert eine zunächst statisch erscheinende Szene mit mehreren Modellen. Diese sind kostümiert und in Pose gesetzt, mit vielfältigsten Requisiten ausgestattet und in Kulissen platziert. Zunächst scheinen wir mit dem ein­gefrorenen Moment eines filmischen Standbildes konfrontiert. Dann werden jedoch die minimalen Bewegungen der Körper deutlich. Die relative Ereignislosigkeit, die der alltäglichen Bilderflut diametral entgegensteht, entwickelt eine sehr spezifische, zarte Ästhetik und schult unseren Blick für die unzähligen Details der Komposition.

Monika Michalko war auf Einladung der Kunsthalle Nürnberg die 24. Stipendiatin des Marianne-Defet-Malerei-Stipendiums. Sie hat von März bis Juli 2023 im Atelier- und Galeriehaus Defet in Nürnberg gelebt und gearbeitet. Ihre Ausstellung Here in the Real World ist vom 29. Juni - 6. Oktober 2024 in der Kunsthalle Nürnberg zu sehen. Sie wird von einen opulenten Ausstellungs­katalog begleitet, der im Juni 2024 im Snoeck Verlag erscheint.

Gemälde in strengen rechteckigen Rastern mit Sternenbildern und Farbverläufen in Airbrush-Technik
Toulu Hassani
01.09.2021 - 31.01.2022

Mit ihren geometrischen Strukturen erinnern viele Werke der Künstlerin Toulu Hassani (*1984 in Ahwaz/Iran) an Traditionen der abstrakten Ornamentik: Die kleinteiligen und auf Nahsicht angelegten Raster flimmern vor den Augen, da Bildvordergrund und -hintergrund ständig ihre Rollen zu tauschen scheinen. Das dem Raster zugrundeliegende System weist auf den zweiten Blick Verschiebungen und Richtungswechsel auf. Es scheint sich zu emanzipieren und eine eigene Logik zu entwickeln. Toulu Hassanis Werke führen minimalistische Malerei­traditionen ausgesprochen eigenständig weiter und verhandelt dabei klug die grundlegenden malereiinhärenten Fragen nach Farbe und Komposition, nach Form und Struktur, nach Räumlichkeit und Flächenaufteilung. Meisterhaft changieren ihre filigranen Arbeiten zwischen Malerei und Zeichnung sowie Malerei und Objekt. Der Bildträger selbst gerät immer wieder in den Fokus und Objekthaftigkeit wie Materialität von Malerei treten hervor.

In der aktuellen 6-teiligen Gemäldeserie Oh Be A Fine Girl Kiss Me (2021) zeigt Toulu Hassani eine für ihr Werk neue Airbrush-Technik. Hier beschäftigt sich die Künstlerin mit Sternenhimmelbildern und abstrahierten grafischen Darstellungen von Sternspektren, die Bezug nehmen auf eine Pionierarbeit amerikanischer Astronominnen des 19. Jahrhunderts am Harvard College Observatory. Der Titel dieser neuen Werkserie verweist ebenfalls auf diesen Kontext: „Oh Be A Fine Girl Kiss Me“ diente den Frauen als Merkspruch zur Klassifizierung von Sternen. Dabei steht jeder Anfangsbuchstabe für einen Helligkeitswert bzw. die chemische Zusammensetzung der Sterne. Werke von Toulu Hassani sind in der Kunsthalle Nürnberg vom 4. Juni bis 28. August 2022 im Kontext der Ausstellung Geordnete Verhältnisse zu sehen.

Toulu Hassani studierte bis 2012 an der Hochschule für bildende Künste Braunschweig und beendete ihr Studium als Meisterschülerin von Walter Dahn. Seither erhielt sie zahlreiche Stipendien und Preise, unter anderem 2014 das New-York-Stipendium der Niedersächsischen Sparkassenstiftung und des Landes Niedersachsen. 2016 gewann Toulu Hassani den renommierten Sprengel-Preis für Bildende Kunst der Niedersächsischen Sparkassenstiftung, der von einer Einzelausstellung im Sprengel Museum Hannover begleitet wurde. 2017 folgte eine Einzelausstellung in der Rudolf-Scharpf-Galerie im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigs­hafen. 2019 war ihre Arbeit Teil der Gruppenausstellung „Jetzt! Junge Malerei in Deutschland“ mit vier Stationen in deutschen Ausstellungshäusern. Für den Kunstpreis der Böttcherstraße Bremen wurde sie 2020 nominiert und hat im Kontext der gleichnamigen Ausstellung in der Kunsthalle Bremen ausgestellt. Auf Einladung der Kunsthalle Nürnberg ist Toulu Hassani die 21. Stipendiatin des Marianne-Defet-Malerei-Stipendiums.

Das Gemälde von Vivian Greven zeigt zwei Figuren in der Anmutung von antiken Skulpturen, die sich  liebkosen.
Vivian Greven
01.03. - 31.07.2020

Das zentrale Thema der figurativen Gemälde von Vivian Greven ist der menschliche Körper in seiner (kunst)historischen, sozialen und symbolischen Dimension. Ihre konzeptuellen Gemälde zeigen Körperbilder nicht in einem biologistischen Sinn, sondern als kulturelles Konstrukt, welches sich zwischen den Parametern Sein und Repräsentation, Natur und Kultur, Präsenz und Abwesenheit bewegt. Die Reflexion über konstruierte, fiktionalisierte und auch optimierte Körperbilder ist mit den Darstellungen ebenso verbunden wie die Frage nach authentischer Identität. Für die Ausstellung neu entstandene Gemälde sind im Kontext der internationalen Gruppenausstellung Something Between Us in der Kunsthalle Nürnberg zu sehen (19. Februar bis 15. Mai 2022).

Vivian Greven ist 1985 in Bonn geboren und lebt in Düsseldorf. Bis 2015 studierte sie an der Kunstakademie Düsseldorf. Sie schloss ihr Studium in der Klasse von Prof. Siegfried Anzinger als Meisterschülerin ab. Sie ist in renommierten Museums­sammlungen (z.B. Kunstmuseum Stuttgart) vertreten und stellt 2019 im Kontext der Ausstellung „Jetzt! Junge Malerei in Deutsch­land“ im Kunstmuseum Bonn, in den Kunstsammlungen Chemnitz – Museum Gunzenhauser, im Museum Wiesbaden und 2020 in den Deichtorhallen Hamburg aus.

Das Gemälde von Fabian Treiber zeigt ein buntes,plüschiges Bett.
Fabian Treiber
01.09.2018 - 15.02.2019

An welchem Punkt wird eine quadratische Form zu einem Tisch, ein Rechteck zu einem Wohnzimmerteppich oder ein Dreieck zu einer Blumenvase? Wann lassen zwei rosafarbene Ellipsen an ein flauschiges Pantoffelpaar denken, und wann assoziiert sich ein grünes Viereck mit einer Tischtennisplatte? Wo verläuft die Demarkationslinie, an der eine abstrakt-geometrische Form zu einem vertrauten Objekt wird?

Die Gemälde des 1986 geborenen Künstlers erinnern bisweilen an surreale Wohnlandschaften und gewähren einen Blick in einen Innenraum, ausgestattet mit den vielfältigsten Protagonisten einer bürgerlichen Existenz: Tisch, Stuhl und Minibar, Kerzenhalter und Zimmerpflanzen, Teppich und Vorhänge. Bildkomposition und Motivik erinnern an die Malereigattung des Interieurs und zugleich an ein überbordendes Stillleben alltäglicher Dinge.

Doch auch wenn der Betrachter eine Vielzahl der gemalten Objekte erkennen und benennen kann, bleibt das Gesehene seltsam vage und unerklärlich. Der Eindruck großer Vertrautheit verbindet sich mit einem Moment der Irritation, denn wie in einem Traum oder einer nebulösen Erinnerung existieren keine verlässlichen Parameter. Dieser Eindruck entsteht, da Fabian Treiber während des Werkprozesses dem Drang nach Konkretisierung und Komplettierung widersteht. Ihm gelingt eine Art hybride Malerei, die zugleich abstrakt wie figurativ erscheint und klug die elementaren Fragestellungen der Malerei nach Form und Struktur, nach Farbe und Komposition, nach Räumlichkeit und Flächenaufteilung verhandelt.

Fabian Treiber lebt und arbeitet in Stuttgart; 2018 Karl Schmidt-Rottluff Stipendium, Karl Schmidt-Rottluff Stiftung, Studienstiftung des deutschen Volkes, Berlin; 2015 Meisterschüler im Weißenhof Programm der Bildenden Kunst (Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart); 2014-2015 Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, Klasse für Intermediales Gestalten Prof. Wolfgang Mayer und Prof. Christina Gomez Barrio (Discoteca Flaming Star); 2009-2014 Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart Klasse für Malerei Prof. Reto Boller; 2007-2009 Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart künstlerisches Grundstudium.

Am 7. Dezember 2021 führte Harriet Zilch mit Fabian Treiber ein Gespräch via Instagramm zu den neuen Werken des Künstlers. Es ist über vimeo abrufbar.

vimeo
Gemälde das einen blau-weißen, in Falten gelegten Stoff abbildet.
Mona Ardeleanu, Flexit III, 2016, Öl auf Leinwand
Mona Ardeleanu
15.03. - 31.07.2017

Im Mittelpunkt der Malerei von Mona Ardeleanu (*1984) stehen präzise konstruierte, phantastische Objekte, die die Künstlerin selbst als „Körper“ bezeichnet. Diese surrealen Körper, die zugleich organisch und geometrisch erscheinen, schweben frei in einem unbestimmten, monochromen Bildraum. Konstruiert aus gemaltem Stoff, Spitze, Schnur oder auch Fell erzeugen die Körper zahlreiche Assoziationen, erinnern beispielsweise an geblümte Sommerkleider oder nostalgische Lampions, an gefiederte Wesen, Architekturelemente oder auch an einen die Hände wärmenden, pelzigen Muff.

Für den Aufbau der Objekte sind die klaren Linien der komplexen Faltenwürfe ebenso zentral wie die floralen, geometrischen oder auch ornamentalen Muster der gemalten Stoffe und Tücher. Die teils „altmeisterlich“ erscheinende Akribie und Detailverliebtheit der Malerei spielen mit der Wahrnehmung des Betrachters: Die Körper, die ihm auf den ersten Blick vertraut erscheinen und seine Neugierde wecken, erweisen sich auf den zweiten Blick als surreal verschlüsselt und der Logik widersprechend.
Als 12. Stipendiatin des Marianne-Defet-Malerei-Stipendiums hat Mona Ardeleanu, die bei Alexander Roob, Daniel Richter, Franz Ackermann und Karin Kneffel studierte, von März bis Juli 2017 im Atelier- und Galeriehaus Defet gelebt und gearbeitet. Ihre konzentrierte Werkschau im Projektraum der Kunsthalle Nürnberg präsentierte die in Nürnberg entstandenen Arbeiten neben älteren Werken und gab damit einen Einblick in Mona Ardeleanus Schaffen.

Blick in den Ausstellungsraum von Henriette Grahnert.
Henriette Grahnert
01.09.2015 - 31.01.2016

Gekonnt jongliert die Künstlerin Henriette Grahnert (*1977) mit den unterschiedlichsten Malereitraditionen: Ihre Bilder zitieren klassische Abstraktion und konkrete Malerei, minimalistische Traditionen und Bad Painting, amerikanische Farbfeldmalerei und Pop Art. Gestische Pinsel­schwünge und informelle Klekse treffen auf figurative Elemente, harte Kanten auf filigrane Farbverläufe, dünn lasierte auf pastos gespachtelte Farbflächen. Mit hintersinnigem Humor verbindet Henriette Grahnert diese vermeintlichen Gegensätze zu einem individuellen Bilderkosmos. Dabei steht jedoch keine der zitierten Stilrichtungen und Malweisen tatsächlich für das, was sie vorgibt zu sein. Viel eher handelt es sich um einen klugen Umgang mit Bezugnahmen sowie um einen differenzierten Diskurs über die Malerei selbst.

Die Freude an Zitaten und Anspielungen findet sich auch auf sprachlicher Ebene. Handgeschriebene Kommentare auf den Bildern oder auch die humor­vollen, pointierten Werktitel offerieren weitere Rezeptionsebenen.Trotz ihrer visuellen Verführungskraft, der Attraktivität in Motivik und Farbigkeit, sind Henriette Grahnerts Werke weit entfernt vom rein Dekorativen. Alles, was spontan und spielerisch erscheint, erweist sich zugleich als behutsam geplant und akkurat komponiert. Zufall und Vorsatz verbrüdern sich in ihrer souveränen, taktisch versierten Malerei.

Henriette Grahnert lebt und arbeitet in Leipzig. An der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig studierte sie bis 2004 Malerei bei Professor Arno Rink. Ihre Arbeiten wurden in den letzten Jahren national wie auch international in zahlreichen Ausstellungen präsentiert.

Das Gemälde Dingbats von Cornelia Baltes zeigt eine gelbe Leinwand mit weißem eiförmigen Fleck auf zwei Füßen frei im Raum stehend.
Cornelia Baltes
01.03. - 31.07.2014

Cornelia Baltes (*1978) machte 2011 an der Londoner Slade School of Fine Art ihren Abschluss (MFA). Von März – Juli 2014 arbeitete sie als zweite Stipendiatin des Marianne-Defet-Malerei-Stipendiums in Nürnberg. Viele der Exponate, die 2014 in der Ausstellung „Off the Wall!. Bildräume und Raumbilder“ in der Kunsthalle Nürnberg zu sehen waren, entstanden im Kontext dieses Stipendiums. Ihre Beobachtungen alltäglicher Objekte und Zusammenhänge des Lebens übersetzt die Künstlerin in subtil humorvolle Kompositionen zwischen Figuration und Abstraktion. Dabei erscheint das traditionell „langsame“ Medium Malerei vielfach wie eine vermeintlich spontane Geste mit unmittelbarem visuellem Bildwitz. In ihren Werken zeigt sich ebenso ein vielseitiges Spiel mit der Malerei: Architektur­elemente werden zu abstrakten Farbfeldern, Fotografien werden digital „bemalt“ und skulpturale wie installative Elemente erscheinen als volumenhafte Variante der doch eigentlich körperlosen Malerei. Cornelia Baltes Werke spielen klug mit den Gattungsbegriffen und scheinen alles zugleich zu sein: Gemälde, Skulptur, Installation und Mixed-Media-Assemblage.

Das Gemälde von Ulrich Pester zeigt auf dunklem Grund die Aufschrift Painting.
Ulrich Pester
01.09.2012 – 31.01.2013

In dem Countrysong „Goodbye Old Paint“, den Ulrich Pester 2013 als Titel für seine Ausstellung in der Kunsthalle Nürnberg nutzte, hat „Paint“ weder etwas mit Farbe noch mit Malerei zu tun. Bei dem Lied handelt es sich vielmehr um eine Abschiedshymne auf ein in die Jahre gekommenes American Paint Horse — eine Pferderasse, die sich durch ihr schwarz-weiß geschecktes Fell auszeichnet.

Vom Cowboypferd zur zeitgenössischen Malerei: Weiter kann ein Gedanken­sprung kaum sein und dennoch erscheint der Ausstellungstitel überaus zutreffend. Denn er thematisiert mit doppeldeutiger Ironie, dass Ulrich Pester zu jenen Künstlern gehört, die sich ausgesprochen gerne verab­schieden. Er verabschiedet sich immer dann, wenn er bemerkt, dass sich aus einer malerischen Idee problemlos eine „Methode“ entwickeln ließe. Pester hält nicht an einem Stil fest, sondern stellt vielmehr die Suche ins Zentrum seines künstlerischen Handelns. Versteht er das eine, verabschiedet er sich, um nach einem neuen malerischen Ansatz zu suchen.

Auch seinen meist klein- und mittelformatige Ölbilder auf Holztafeln lotet Ulrich Pester neue Möglichkeiten der Malerei aus. Seine Gemälde erscheinen daher keineswegs homogen: Es finden sich Bergwelten neben abstrakten Handstudien; Bilder, in denen Pester mit aufgeklebten und dann mit Malerei überlagerten Kopien experimentiert, stehen neben Werken, die gekonnt mit Zwei- wie Dreidimensionalität spielen. Andere Werke zeigen augentäuschende Trompe-l’œil-Effekte, kunsthistorische Referenzen oder ironische Wortspiele. Doch so variationsreich Ulrich Pesters Gemälde auch sind, stets geht es um die Suche nach Klarheit und die Frage, wie man diese Klarheit mit einfachsten Mitteln erzeugen kann.

Der 1980 geborene Künstler hat ein Doppelstudium in Grafik-Design und freier Kunst an der Hochschule der Künste in Braunschweig (bei Walter Dahn) absolviert und lebt seit 2010 in Köln.