Atlantis – Ein Sommermärchen
In memoriam Eckhart Schmidt (1938 - 2024)
„Atlantis und ihre Kolleginnen sind eines sonnigen Tages gemeinsam aus einem See bei München aufgestiegen und haben eine Mission: Da auf ihrem Unterwasserplaneten nur Mädchen geboren werden, müssen sich immer wieder junge Frauen auf den Weg machen, um oben auf der Erde Männer zu fangen. Wie in Jonathan Glazers „Under the Skin“ schlafen sie mit ihnen in berechnend männerschädlicher Absicht, doch sachlich, ohne Bosheit oder Hass. Im Augenblick des Orgasmus verkleinern sich die Männer wie von Zauberhand. Die Unterwassermädchen stecken sie in ihre Handköfferchen. Dann nehmen sie sie mit zu sich nach unten, um sie als Fortpflanzungssklaven zu halten. Die Nixen werden dafür sorgfältig geschult, wird erzählt, und sie sind gestylt wie Titelbildträume der frühen 1970er Jahre: lange Mähnen, lange Beine, extrem kurze Kleider. Mitleidlos treibt sie der Eifer, ihr Plansoll (zehn verkleinerte Männer) zu erfüllen. Ihre Anführerin (Ursula König) – extravagant, toupiertes Haar, megalange Wimpern – ist so schnippisch und hochmütig wie die Chefin einer Modelcastingshow. Die Mädchen folgen ihr bedenkenlos und munter.
Nur Atlantis ... sie ist anders. Sie ist noch immer wie das kleine Mädchen, das im Kindergarten abseits stand und Träumereien nachhing. Die anderen müssen sie auffordern, mitzumachen. Besonders wenn sie zuschaut, wie ihre Kolleginnen Männer überwältigen und Sex mit ihnen haben, kommt eine weiche, verzauberte Stimmung auf ihr Gesicht; sie wird ganz sanft und versonnen. Die romantische Entdeckung der menschlichen Sexualität durch Außerirdische. Damit kann man sich mühelos identifizieren.“ (Silvia Szymanski, www.critic.de)
„Mein süßester und romantischster Film.“ (Eckhart Schmidt)
In memoriam Eckhart Schmidt (1938 - 2024):
Im Oktober vergangenen Jahres verstarb mit Eckhart Schmidt ein einflussreicher und höchst eigenwilliger deutscher Regisseur, der das KommKino auch mehrfach persönlich besuchte. Schmidt arbeitete zunächst als Filmkritiker für die „Süddeutsche Zeitung“ und den Bayerischen Rundfunk. Seit Mitte 60er Jahre war er dann als Regisseur, zunächst von Kurzfilmen, Mitglied der Neuen Münchner Gruppe. Sie distanzierte sich vom oft schwerblütigen und belehrenden „Neuen deutschen Kino“, hatte keine Berührungsängste mit Unterhaltung und Genre-Elementen, ohne in seichte Kommerzgefilde abzurutschen. Schmidt arbeitete am Drehbuch von Roger Fritz‘ Klassiker „Mädchen, Mädchen“ mit und erregte schließlich mit seinem Langfilmdebüt „Jet Generation“ einiges Aufsehen. Nach der Komödie „Atlantis – Ein Sommermärchen“ von 1970 konzentrierte er sich wieder auf die Filmkritik, begann eine der erfolgreichsten Shows der deutschen TV-Geschichte („Auf los geht’s los“) zu produzieren und gab das Punkmagazin „S!A!U!“ heraus. 1982 gelang Schmidt mit dem Skandalfilm „Der Fan“ mit Desiree Nosbusch ein aufsehenerregendes Comeback. Bis zu seinem Tod im Oktober vergangenen Jahres schuf er unermüdlich ein schier uferloses künstlerisches Werk, das so manche Perle beinhaltet: weitere, nicht selten provokante Kinofilme, etwa „Das Gold der Liebe“, „Loft“ oder „Der Sandmann“, zahlreiche sehenswerte Dokus, oft zu filmbezogenen Themen, Bücher von Romanen bis zu Fotobänden, Bildcollagen und viele mit kleinem Budget entstandene sehr persönliche Filme. Anlässlich seines Todes sind nun erstmals die ersten Langfilme von Eckhart Schmidt im KommKino zu sehen. „Schon ein einziger Schmidt (...) kann den Blick auf die Welt und das Kino komplett ändern.“ (Lukas Foerster, www.critic.de)
Land: BR Deutschland
Jahr: 1970
Regie: Eckhart Schmidt
mit: Isi ter Jung, Horst Letten, Barbara Capell, Diana Nisbeth
Länge: 86 Min.
Sprache: Deutsch
FSK: ab 18
Eintritt: 6 €
Mehr in dieser Reihe:Kommkino e. V. präsentiert
90402 Nürnberg
Aufzug. Für jede Vorstellung sind zwei rollstuhlgerechte Plätze eingerichtet. Reservierungen dafür bitte per E-Mail an: filmhaus@stadt.nuernberg.de



